Eine Akti­on, für die man die Blogo­sphä­re lie­ben muss. Ange­fan­gen hat alles mit Maxi­mi­li­ans Suche nach einer neu­en Woh­nung. Er bat um Beschrei­bun­gen von Ham­bur­ger Stadt­tei­len, nach­dem er mit Sankt Georg selbst begon­nen hat­te. Anne nahm die Her­aus­for­de­rung an und erwei­ter­te auf das Ruhr­ge­biet, bevor Isa ganz prag­ma­tisch den Rest der Welt auf­rief. Zu die­sem zählt wohl Köln, wo ich ein paar Jah­re lebte.

Der ech­te Köl­ner lebt in der Süd­stadt, sagen ech­te Köl­ner. Wobei man da noch dif­fe­ren­zie­ren muss. Die Süd­stadt besteht offi­zi­ell aus der Neustadt-Süd und aus der Altstadt-Süd. Zu letz­te­rer zäh­len ech­te Schwer­ge­wich­te unter den Veedeln wie das Seve­rins­vier­tel, in dem sich vor eini­gen Jah­ren ein Loch auf­tat oder der fan­tas­tisch­tol­le Rhein­au­ha­fen, die schöns­te Tou­ris­ten­at­trak­ti­on nach dem Dom. Im enge­ren Sinn ist die Süd­stadt eigent­lich nur ein Teil der Neustadt-Süd, aber wir wol­len ja mal nicht so klein­lich sein.

Köln-Neustadt-Süd
(cc) TUBS @ Wiki­me­dia Commons

Der Stadt­teil Neustadt-Süd ist der coo­le Stadt­teil. Gebaut an der ehe­ma­li­gen Stadt­mau­er ent­lang, beher­bergt er heu­te unter ande­rem die Uni und die FH. Das so genann­te Kwar­tier Latäng ist die Aus­geh­mei­le, wenn man zwi­schen acht­zehn und fünf­und­drei­ßig ist. (Die Ober­gren­ze habe ich jetzt mal so fest­ge­legt, damit ich da noch hin darf.) Wenn Fuß­ball­meis­ter­schaf­ten sind, ist die Zül­pi­cher Stra­ße die inof­fi­zi­el­le Fan­mei­le und der Stra­ßen­kar­ne­val ist angeb­lich nur dort der ech­te. Gene­rell wird in den Näch­ten ger­ne so lan­ge gefei­ert, bis man die Stra­ße vor lau­ter Bier­fla­schen nicht mehr sieht. Außer an Kar­ne­val, da gilt seit zwei Jah­ren ein Glas­ver­bot für das Kwar­tier Latäng.

Geht man die Rin­ge noch ein wenig wei­ter nord­wärts, kommt man auf den Teil zwi­schen Zül­pi­cher Platz und Frie­sen­platz, der im enge­ren Sinn als „die Rin­ge“ bezeich­net wird. (Man merkt, das hat Sys­tem in Köln.) Dort wer­den tie­fer geleg­te 3er-BMWs pro­be­ge­fah­ren und dort sind die Clubs, in denen man ger­ne mal Pro­mis trifft und DSDS-Gewinner pein­li­che Auf­trit­te absolvieren.

Gene­rell ist die Süd­stadt sehr lebens­wert. Es gibt vie­le Weg­geh­mög­lich­kei­ten, die Bah­nen ver­keh­ren für KVB-Verhältnisse regel­mä­ßig und vie­le Künst­ler und ita­lie­ni­sche Ein­wan­de­rer geben die­sem Stadt­teil einen ganz ein­zig­ar­ti­gen Flair. Hin­zu kommt die köl­sche Art, jeden Frem­den sofort in die Gemein­schaft auf­zu­neh­men. Man fühlt sich wohl in die­sem Veedel.

Alle die­se Din­ge waren mir natür­lich gänz­lich unbe­kannt, als ich im April 2006 die Woh­nung mei­nes Arbeits­kol­le­gen über­nahm. Die Woh­nung war objek­tiv betrach­tet ein Witz. Ein dunk­les Loch im Erd­ge­schoss, das Schlaf­zim­mer zur Stra­ße raus, hin­ten immer­hin ein klei­nes Stück Ter­ras­se mit unver­bau­ba­ren Blick auf eine Mau­er drei Meter davor. Es zog wie Hecht­sup­pe, mei­ne Heiz­kos­ten waren enorm. Wobei, min­des­tens ein­mal pro Jahr fiel die Gas­ther­me aus, vor­zugs­wei­se, wenn es drau­ßen beson­ders kalt war. Aber ich merk­te den­noch schnell: Hier bist du rich­tig. Der Volks­gar­ten war ein paar Meter ent­fernt, in zwei Minu­ten war ich am Chlod­wig­platz, wo ich die Bah­nen und Bus­se bestei­gen konn­te, die mich in Win­des­ei­le über­all hin brach­ten. Und wenn ich nachts kei­ne Bahn mehr bekam, konn­te ich in einer Vier­tel­stun­de trotz­dem bequem nach Hau­se lau­fen. Es waren mei­ne auto­lo­sen Jahre.

Auf ein Auto kann man in der Süd­stadt aber nicht nur auf­grund der guten ÖPNV-Anbindung ver­zich­ten. Ers­tens ist die Park­si­tua­ti­on – euphe­mis­tisch aus­ge­drückt – kata­stro­phal, zwei­tens kann man sich auch finan­zi­ell kein Fahr­zeug mehr leis­ten, wenn man dort Mie­te zah­len muss. Die Süd­stadt ist enorm teu­er. Selbst für mein viel­fach als Schnäpp­chen bezeich­ne­tes, unre­no­vier­tes 43-Quadratmeter-Loch zahl­te ich knapp fünf­hun­dert Euro pro Monat, Gas­kos­ten exklu­si­ve. Das ist dann wohl auch der Grund, war­um ich dort nie wie­der woh­nen wer­de. Was sehr scha­de ist.

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