Was ich gestern ja nicht mehr mit meinem Ersttagesbericht abgedeckt habe: Je näher der Termin rückte, desto größer wurde meine Angst. Ich hatte tatsächlich Gedanken daran, einfach aus dem Krankenhaus zu fliehen. Dann habe ich versucht, mich wieder meiner Beweggründe zu besinnen, was nur so halb funktionierte. Tatsächlich konnte ich die Nacht kaum schlafen, woran auch die beiden Zimmermitbewohner nicht ganz unschuldig waren, die mal eben über Nacht ein komplettes Sägewerk inklusive Kantine erbauten.
Nachts um halb 5 polterte die Nachtschwester ins Zimmer, maß von allen Anwesenden Temperatur, Blutdruck und Puls. Das war natürlich der Moment, kurz nachdem ich endlich eingeschlafen war. Als ich das nächste Mal unsanft geweckt wurde, wurden gegen halb 8 unsere Betten neu bezogen. Mir wurden bei der Gelegenheit das OP-Hemd und die Trombosestrümpfe ausgehändigt, die ich sogleich – meine Morgentoilette damit verbindend – anlegte. Ich schluckte eine Mir-egal-Pille und eine gegen Schmerzen und schlummerte wieder fröhlich vor mich hin. Irgendwann, ich hatte keine Gelegenheit, noch einmal auf die Uhr zu sehen, kamen wieder zwei Schwestern rein und kündigten zu mir gewandt fröhlich an: „Jetzt geht’s los, Herr Mirus!“
Mir war zu dem Zeitpunkt schon alles egal. Ich konnte mich aber kaum vor lauter Aufgeregtheit beruhigen, einmal durch das gesamte Krankenhaus geschoben zu werden! Ich musste mich an jeder Ecke beherrschen, nicht einmal laut „HUIIII!“ auszurufen. Und dann durfte ich durch die heilige Tür, auf der „Operationsgebiet“ steht, war das cool! In einem kleinen Raum direkt dahinter sollte ich mich auf das OP-Bett legen, was ich natürlich mit Links machte. Ich merkte nur, wie scheiße kalt es war, aber ich schob das mal auf die Aufregung oder die Medikamente.

Einen Raum weiter sollte mir der Zugang für die Infusion gelegt werden. Melanie, so stellte sie sich vor, beteuerte nachher, es wäre nicht ihr Tag gewesen und sie hätte auch noch keinen Kaffee gehabt. Das half mir leider nichts mehr, die Vene auf dem Handrücken hatte sie mal astrein verfehlt. Ich mildere die Vorwürfe ein wenig ab, weil der eilig herbeigerufene, wohl erfahrenere Helfer, auch Probleme hatte, eine Vene zu finden.
Zwei schmerzhafte Piekse später also wurde ich endlich in den Operationsraum geschoben. Dank meiner Lage konnte ich nur die irre hässlichen Deckenplatten bewundern, aber ich bin ja auch nicht als Innenarchitekt gekommen. Der für mich coolste Teil stand jetzt bevor: die Narkose. Sie drehten die Hähne auf und meinten, mir würde bestimmt gleich „blümerant“ werden, aber das stimmte nicht. Kurze Zeit später hörte ich, wie sie noch ein wenig mehr zugeben wollten und schwupp! war ich weg. Das ging mir viel zu schnell, ich wollte den Moment eigentlich länger auskosten.
Meine ersten Erinnerungen fangen erst weit am Nachmittag an. Tatsächlich habe ich davor nicht nur mit zahlreichen Personen geredet, sondern sogar versucht, ein Foto von mir via Path zu verschicken, was nicht ganz einwandfrei funktioniert hat. Da könnt ihr mal sehen, dass ich auch im Kopf krank bin.
Der Rest des Tages ist schnell erzählt: Ich lag da mit dicken Tamponaden in beiden Nasenlöchern, hatte eine so genannte Eiskrawatte im Nacken und musste ständig eisgekühlte Kompressen auf meine Nase legen. Ich schlief immer wieder zwischendurch ein und war auch sonst ziemlich platt, aber das überrascht wohl kaum. Die Nacht an sich habe ich den Umständen entsprechend gut geschlafen. So gut man halt schlafen kann, wenn man mit aufgestelltem Kopfteil immer die gleiche Position haltend die Kompressen wechseln muss. Aber es ging.