Als man mir das Buch „Der Blogger„1 zur Rezension anbot, überlegte ich nicht zwei Mal. Ich bin zwar nicht der große Krimifreund, aber ein Blogger. Zudem ist Autor Patrick Brosi, Jahrgang 1987, nicht in einem Alter, von dem ich erwarte, dass da halbseidig angelesene Funfacts verbreitet werden.
Die Geschichte handelt von einem Blogger (ach was!), der mit seinem Boot auf einen See hinausfährt und dort spurlos verschwindet. Es ist nicht irgendein Blogger, sondern einer, der einige Monate zuvor schlimme Sachen bezüglich der Pharmaindustrie aufdeckte und kurzzeitige Berühmtheit erlangte, als er bei Jauch in der Talkshow saß.
Die Geschichte wird abwechselnd aus zwei Zeitpunkten beschrieben. Sie fängt einmal mit dem Verschwinden des Bloggers René an, einmal einen Monat zuvor mit der Journalistin Marie, die für eine Berliner Online-Zeitung schreibt und damit beauftragt wird, René aufzuspüren und herauszufinden, was er für neue Leaks ausbrütet.
Das Setting ist also recht flach und leider dann doch voller Klischees. Die junge, angehende Journalistin im Nebenjob, die ihren Freund beim Fremdgehen erwischt, die ihr Studium abbrechen muss und aus Verzweiflung den Job annimmt. Der Blogger, der natürlich Enthüllungsblogger ist. Als dann auch noch ein behäbiger, aber blitzgescheiter Kommissar und zwei Gangstergesellen auftauchten, die in Breaking-Bad-Manier Leichen auflösen, wollte ich das Buch schon zur Seite legen. Auch, weil bis Mitte des Romans so viele Figuren eingeführt werden, alle mit nichtssagenden Namen, dass man bald nicht mehr weiß, wer jetzt wer war. Zumal einige Namen nur einen kurzen Gastauftritt haben, nachdem sie seitenlang aufwendig eingeführt wurden.
Wer diesen Punkt überwunden hat, wird für die anfängliche Mühe jedoch belohnt. Spätestens im letzten Drittel nimmt das 450-Seiten-Werk merklich an Fahrt auf. Es gibt Wendungen, die kommen so überraschend, dass ich zwei oder drei Mal laut „Oha!“ ausrief.
Insgesamt ist der Kriminalroman sehr solides Handwerk mit einem für mich leicht zugänglichen Thema. Man kann ihn flüssig durchlesen, muss aber anfangs auch viel mitdenken. Als Bett- und Bahnlektüre leistet das Buch auf jeden Fall gute Arbeit.
Disclosure: Das Buch wurde mir vom Emons Verlag kostenlos zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus gab es keine weiteren Vergütungen oder Vergünstigungen. Ob und wie ich über das Buch schreibe, war mir vollkommen freigestellt.
Broschur 14,95 €, Kindle-Version 12,95 € (beides Partnerlinks) oder direkt beim Emons Verlag. ↩