Gelesen: Late Night – Unter Haien

von Nora Welling

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In der TV-Show Unter Hai­en suchen jun­ge Grün­der Inves­to­ren für ihre Ideen. So auch Pro­gram­mie­re­rin Loui­sa. Ihre Soft­ware soll Autis­ten die Kom­mu­ni­ka­ti­on erleich­tern - Men­schen wie ihrer Schwes­ter. Als aus­ge­rech­net Hard­li­ner Ruben Ste­phan­ski ihr nicht nur Geld, son­dern auch eine ein­jäh­ri­ge Men­to­ren­schaft anbie­tet, hat sie das Gefühl, es geschafft zu haben. Zunächst ist sie von dem attrak­ti­ven Selfmade-Millionär, der so ganz anders ist als sie, fas­zi­niert. Doch bald schon merkt sie, dass Ruben ganz ande­re Zie­le als sie verfolgt ...

Buch­be­schrei­bung des Verlags

Die Geschich­te wird aus der Sicht der bei­den Hauptprotagonist:innen erzählt. Der „Hai“ Ruben, der sicher nicht zufäl­lig an eine Mischung aus Die-Höhle-der-Löwen-Juror und Startup-Fuzzie-Abziehbild erin­nert, wech­selt sich ab mit der als star­ken Frau gedach­ten, aber kli­schee­haft schwach dar­ge­stell­ten weib­li­chen Grün­de­rin Loui­sa, die eigent­lich nur eine ein­zi­ge Ent­schei­dung ohne Rück­spra­che mit einem Mann trifft. Ich will jetzt aber nicht spoilern.

Im Grun­de dreht sich die Geschich­te auch nicht um ein Start­up, wie ich es anhand der Beschrei­bung ver­mu­te­te. Das ist nur die Hül­le für eine Standard-Liebesgeschichte. Die aber ist nach­voll­zieh­bar erzählt, soweit man nicht zu viel Rea­lis­mus erwar­tet – der auch viel zu lang­wei­lig wäre. Sel­ten, dann aber auf­fäl­lig, glei­tet der Text für ein, zwei Sät­ze in einen Gro­schen­ro­man ab. Hier drei Beispiele:

  • Ruben (dem wohl noch nicht klar ist, dass er ver­liebt ist): „Jedes Mal, wenn mein Tele­fon auf­leuch­te­te, ver­krampf­te sich mein Magen. Wahr­schein­lich hät­te ich auf das Hähnchenbrust-Sandwich heu­te Mit­tag ver­zich­ten sol­len.“ (Posi­ti­on 1792)
  • Loui­sa: „Unse­re Ver­bin­dung besaß genug Macht, damit ich sei­ne Emo­tio­nen füh­len konn­te, als wären es mei­ne eige­nen.“ (Posi­ti­on 2468)
  • Loui­sa: „Sei­ne Här­te traf mei­ne Mit­te, instink­tiv stöhn­te ich auf.“ (Posi­ti­on 2675)

Ich fand das Werk den­noch ange­nehm kurz­wei­lig und eine gute Bett­lek­tü­re. Wenn man mit der rich­ti­gen Erwar­tung ran­geht (eine Lie­bes­ge­schich­te aus einem kli­schee­be­la­de­nen Startup-Kosmos), wird man gut unter­hal­ten. Hand­werk­lich hat Autorin Nora Wel­ling das meis­te rich­tig gemacht. Nur fehlt der Geschich­te der gro­ße Aha-Moment, der letz­te Kniff, der Bruch mit dem Erwart­ba­ren, um mehr als ein guter Durch­schnitt zu sein.

Ich ver­ge­be 3 von 5 Startup-Raketen: 🚀🚀🚀


Nora Wel­ling: Late Night – Unter Hai­en. Bas­tei Lüb­be, 320 Sei­ten, Paper­back 12,99 € [D], E-Book 6,99 € [D]. Das Buch wur­de mir als Rezen­si­ons­exem­plar kos­ten­los vom Ver­lag zur Ver­fü­gung gestellt.

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