12. Quartalsbericht Klein-Tyler

Drei Jah­re ist Klein-Tyler nun. Ein voll­wer­ti­ger, klei­ner Mensch. Die Baby­zeit ist end­gül­tig vor­bei, die Klein­kind­pha­se in ihrer pralls­ten, lau­tes­ten und auch char­man­tes­ten Aus­prä­gung in vol­lem Gan­ge. Tyler ist nicht mehr das Baby, das man irgend­wo­hin trägt, son­dern eine Per­sön­lich­keit, die ihren Platz ein­for­dert und die Welt auf ihre eige­ne Wei­se erobert.

Kör­per­lich ist er, wie oft an die­ser Stel­le schon berich­tet, sei­nen Alters­ge­nos­sen weit vor­aus. Mit sei­ner Grö­ße und sei­ner Sta­tur könn­te er locker als Vier­jäh­ri­ger durch­ge­hen. Das bringt manch­mal merk­wür­di­ge Bli­cke und unan­ge­mes­se­ne Erwar­tun­gen mit sich, aber inner­lich ist er eben doch genau das: drei Jah­re jung. Auch ich muss manch­mal auf­pas­sen, das nicht zu vergessen.

Ein selbstbewusster junger Mann

Was sich in die­sem Quar­tal beson­ders ver­fes­tigt hat, ist sei­ne robus­te Art, sowohl kör­per­lich als auch men­tal. Er steht für sich ein, weiß genau, was er will, und fin­det sich in neu­en Situa­tio­nen mit einer bewun­derns­wer­ten Selbst­ver­ständ­lich­keit zurecht. Ein Para­de­bei­spiel: Der Wech­sel von der U3- in die Ü3-Gruppe der Kita. Wir hat­ten Bauch­schmer­zen. Fast alle sei­ne Freun­de wur­den auf ande­re Grup­pen ver­teilt, eine kom­plett neue Umge­bung, neue Erzieher*innen. Die Sor­gen waren unbe­grün­det. Am ers­ten Tag nach den Som­mer­fe­ri­en mar­schier­te er in den neu­en Raum, als hät­te er nie woan­ders gespielt.

Sein größ­tes Kapi­tal bleibt sein unwi­der­steh­li­cher Charme. Er hat gelernt, dass ein geziel­tes Lächeln, eine gekonnt hoch­ge­zo­ge­ne Augen­braue oder ein thea­tra­lisch trau­ri­ger Blick Türen öff­nen und Her­zen erwei­chen kann. Er wickelt sein Gegen­über spie­lend leicht um den Finger.

Fahrzeuge, Feuerwehr, Fußball

Sei­ne Lei­den­schaf­ten sind unge­bro­chen klar und deut­lich: Alles, was Räder hat, ist gut. Alles, was ein Blau­licht hat oder eine Schau­fel vor­ne dran, ist her­vor­ra­gend. An Fahr­zeug­ta­gen in der Kita rast er ohne Pau­se durch den Gar­ten. Auch Fuß­ball steht nach wie vor hoch im Kurs, der gute Junge.

Die Dyna­mik mit sei­ner gro­ßen Schwes­ter wird kom­ple­xer und damit auch span­nen­der. Sie ist und bleibt sein gro­ßes Vor­bild, sei­ne Kom­pli­zin beim Rum­ren­nen und Unsinn­ma­chen. Aber er ist nicht mehr nur der Mit­läu­fer. Er äußert eige­ne Wün­sche, unter­brei­tet Vor­schlä­ge und ver­tei­digt sei­ne Posi­ti­on. Das führt zu Dis­kus­sio­nen. Manch­mal zu hand­fes­ten Streits, die – sel­ten – auch in Ran­ge­lei­en aus­ar­ten. Doch die Grund­me­lo­die ist und bleibt eine enge, lie­be­vol­le Ver­bin­dung. Die bei­den sind ein Herz und eine Seele.

Sprach­lich hat er einen Quan­ten­sprung gemacht. Aus den Zwei-Wort-Sätzen ist ein bei­na­he unun­ter­bro­che­ner Wort­strom gewor­den. Er erzählt (wenn man die rich­ti­gen Fra­gen stellt!) von sei­nem Tag, benennt alles, was für ihn rele­vant ist, und hat schon eini­ge Flos­keln drauf, die er per­fekt timen kann. Am Wit­zigs­ten ist „… sonst bin ich nicht mehr dein Bru­der!“, was er nicht nur sei­ner Schwes­ter androht.

Kooperation und Jähzorn

Am liebs­ten ist er mit Mäd­chen zusam­men, die ein, zwei Jah­re älter sind als er. Viel­leicht der Schwester-Effekt. Viel­leicht geht es ihm auch mehr um koope­ra­ti­ves, har­mo­ni­sches Spie­len als um den stän­di­gen Wett­be­werb. Es wird fas­zi­nie­rend zu beob­ach­ten, wie sich das ent­wi­ckelt, wenn sei­ne sozia­len Fähig­kei­ten wei­ter reifen.

Doch der Son­nen­schein hat auch sei­ne Schau­er. Klein-Tyler kann ein ech­ter Jäh­zorn­s­bra­ten sein. Wenn ihm etwas nicht passt, lässt er die Welt das unmiss­ver­ständ­lich wis­sen. Zeit, Ort, sozia­le Kon­ven­tio­nen, Dezibel-Grenzwerte – alles irrele­vant. Es kommt auch vor, dass er, zutiefst belei­digt, in sein Zim­mer abdampft. Doch das Schö­ne an die­ser Art Wut: Sie ist ein rei­nes Gewit­ter. So schnell sie auf­zieht, so schnell ist sie auch wie­der ver­flo­gen. Nach weni­gen Minu­ten kommt er strah­lend wie­der ange­rannt, als wäre nie etwas gewesen.

Alles in allem ist er ein rie­si­ger Son­nen­schein, der unser Leben laut, chao­tisch und unend­lich viel hel­ler macht. Ich bin unsag­bar froh, dass es ihn gibt. Und ich bin beson­ders gespannt auf die kom­men­den Jah­re. Jetzt, wo er sich zuneh­mend in der Welt der „Gro­ßen“ bewegt, wird die Ent­wick­lung noch­mal rasan­ter und span­nen­der werden.

(Ich dan­ke Alex Matz­keit für die Idee des Quar­tals­be­richts. Hier gibt es alle von Klein-Tyler. Und hier zum Ver­gleich die sei­ner Schwes­ter.)

Vie­len Dank fürs Lesen! Du möch­test kei­nen Bei­trag mehr ver­pas­sen? Abon­nie­re mein Blog per E-Mail, als RSS-Feed oder im Fedi­ver­se: @blog@1ppm.de! Du drückst Aner­ken­nung lie­ber in Euros aus? Mei­ne Kin­der freu­en sich über eine klei­ne Spen­de! 💜

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert