Lea ist jetzt sechs Jahre alt. Eine Hand voll Finger reicht nicht mehr aus, um ihr Alter zu zeigen. Zeit, Bilanz zu ziehen. Denn hinter uns liegt nicht nur ein weiteres Lebensjahr. Hinter uns liegt im Grunde der Abschied vom Kleinkind. Das sechste Lebensjahr war das Vorschuljahr, in dem sie nicht nur größer, sondern vor allem „mehr“ geworden ist: mehr Meinung, mehr Kraft, mehr Gefühl, mehr Lea.
Das große Thema Schule
Die Frage nach der Schule war in Leas sechstem Lebensjahr allgegenwärtig. Es war irgendwie folgerichtig, wenn alle von der Vorschule reden, Fragen zum Ziel dieser Reise zu stellen. Ihr Interesse an der Schule war von Anfang an nicht bloß Neugier. Es war eine regelrechte Wissbegier. Wie läuft der Schultag ab? Was steht dann da an der Tafel? Braucht man da immer einen Ranzen? Wie viele Lehrerinnen hat man und: ist es schlimm, wenn man Fehler macht?
Eines Tages saßen wir gemeinsam am Tisch, sie malte ein Bild und sagte ganz nebenbei: „Ich glaube, ich freue mich auf die Schule. Aber nur ein bisschen. Weil es ist schon aufregend. Aber auch schön.“ Diese Mischung aus kindlicher Offenheit und Zielstrebigkeit ist so typisch für sie. Interessant war natürlich auch die Schultüte: Was ist da drin? Wann bekomme ich sie? Wann darf ich sie auspacken?
Lea zeigte großes Interesse an Buchstaben. Auf beinahe jedem ihrer Bilder steht was geschrieben. Oft ihr Name, der ihrer Freundinnen und die der Familie. Sie kennt fast alle Buchstaben und kann sie benennen. Die Sache mit den richtigen Reihenfolgen kommt noch – aber das Fundament ist gelegt. Und darauf wird sie gerne bauen.
Veränderungen?
Lea ist kein Kind, das große Veränderungen einfach so wegsteckt. Im Gegenteil. Alles, was sich nicht wie Alltagsroutine anfühlt, braucht im besten Fall eine Ankündigung. Die Einschulungszeit war deshalb auch in diesem Punkt ein Lernprozess. Jeder Abschied, besonders der von der Kita, war ein kleiner Brocken, den sie erst verdauen musste. Je näher der Tag kam, desto emotionaler wurde sie, auch bei völlig anderen Themen. Und doch: Sie ist stark, sie stellt sich den unvermeidbaren Änderungen und verarbeitet sie auf ihre ganz eigene, manchmal erstaunlich reflektierte Art.
Was sie gar nicht mag: Im Mittelpunkt sein. Aber wenn sie sich sicher fühlt, sei es mit uns Eltern im Rücken oder mit einer vertrauten Freundin an der Seite, dann gibt es kein Halten mehr. Lea ist kein Lautsprecher, aber eine starke Stimme. Die braucht kein Scheinwerferlicht, um gehört zu werden.

Basteln, malen, rennen
Sie hatte es vorher angekündigt: Sobald sie fünf Jahre ist, fährt sie Fahrrad. Und exakt einen Tag nach ihrem Geburtstag schwang sie sich aufs Rad und fuhr los. Ich berichtete. Und seitdem fährt sie wie selbstverständlich. Wenn wir unterwegs sind, passt sie gut auf, fährt sicher und aufmerksam. Wenn sie allerdings die Wahl hat, lässt sie sich aber auch lieber fahren, statt selbst zu strampeln.
Sport ist weiterhin ihr Element. Sie rennt, klettert und turnt ständig irgendwo rum. Sie rennt schneller als ich und die meisten anderen Erwachsenen, kein Witz. Lea scheint einen niemals endenden Energievorrat mit sich herumzutragen.
Gleichzeitig bleibt sie eine kreative Seele. Kleber, Schere, bunte Stifte – da geht was in ihrem Kopf los. Wenn sie bastelt, vergisst sie Zeit und Raum. Stets entstehen Kunstwerke, klar.

Geschwisterliebe
Das Verhältnis zu ihrem kleinen Bruder ist ungebrochen. Einerseits ist da diese tiefe Zuneigung, das Verantwortungsgefühl, gerade draußen. Wie oft hat sie schon aufgepasst, geholfen, geteilt – ohne dass wir es eingefordert hätten. Andererseits beginnt immer mehr das, was wohl „geschwistertypisch“ ist: Streit um Spielsachen, Rivalität beim Vorlesen, kleine Eifersuchtsattacken. Normale Geschwister eben.
Abends, wenn Lea unter ihre Decke gekrochen ist, kommen nochmal die großen Fragen der Welt: Warum sind die Dinosaurier ausgestorben? Wieso kann man aus drei Farben alle anderen machen? Kann ich nicht ein Pferd haben, das auf unserem Balkon wohnt? Ich bin immer wieder überrascht, wie viel Tiefgang dieser kleine Mensch schon hat, aber auch, wie witzig er ist.
Das sechste Jahr war das Jahr, in dem Lea vom Kleinkind zum Schulkind wurde – innerlich wie äußerlich. Mit eigenem Stil, eigenen Überzeugungen, einer eigenen Persönlichkeit. Wenn man Lea heute sieht, kann man kaum anders als zu sagen: Was für ein gelungenes Kind.
Glückwunsch, kleine Große. Und danke für dieses schöne, wilde, bunte Jahr.
(Hier sind alle Berichte von Klein-Lea. Und hier die von ihrem Bruder.)
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