Als ich letzte Woche krank zuhause lag, fielen mir alte Tagebucheinträge in die Hände. Sie sind auf Papier. Genauer: Sie sind Computerausdrucke. Ich merkte, wie wenig ich mich bisher um eine angemessene Archivierung dieser Schriftstücke gekümmert habe, denn dass sie überhaupt noch existieren und nicht bei einem der zahlreichen Umzüge verloren gegangen sind, ist reiner Zufall. Die originalen Dateien existieren schon lange nicht mehr.
Wie wenig Digitales in meinem Leben Bestand hat, sieht man anhand dieser Episode sehr deutlich. Seit ich 1990 das erste Mal einen Computer zur Verfügung hatte, wechselten die Datenträger beinahe jährlich. Am Anfang sicherte ich noch auf zahlreichen Disketten. Später kamen dann verschiedene Festplatten, die gerne auch mal kaputt gingen, und lustige Dinge wie Zip-Laufwerke dazu. Backups jedoch habe ich nie konsequent angelegt. Erst seit zwei oder drei Jahren passieren sie einigermaßen regelmäßig; zudem liegt vieles mittlerweile auf irgendwelchen Servern rum, die Sicherung kann also nicht mehr von mir verdaddelt werden.
Im Prinzip besitze ich – mit wenigen Ausnahmen – keine Daten mehr, die älter als ungefähr 2002 sind. Das erklärt vielleicht, warum ich mittlerweile fast alles irgendwo speichere und doppelt und dreifach sichere. Das betrifft auch Interaktionen in sozialen Kanälen. Es ist nicht leicht, Dinge wie Facebook-Chats aus dem System herauszuholen1 und man muss auch daran denken, es regelmäßig zu tun. Aber immerhin ist die Gegenwart und jüngere Vergangenheit einigermaßen lückenlos dokumentiert und durchsuchbar.
Die Vergangenheit suche ich zurzeit erst mühsam zusammen. Gerade was das Tagebuchschreiben angeht, war ich nicht nur hinsichtlich der Regelmäßigkeit sehr wankelmütig, auch das System wechselte ständig. Ich habe als Kind in ein altes Schulheft geschrieben, dann mit dem Computer Word Perfect genutzt, bevor ich mir in QBasic eine Tagebucheintragsmaske bastelte und verwendete. Später war es dann Word und schließlich nutzte ich verschiedene Blogsysteme. In den letzten Jahren verwendete ich den Dienst „Oh Life“ – bis er eingestellt wurde. Neuerdings nutze ich wieder ein privat gehostetes WordPress, das ich per E-Mail befüllen kann (wie mir das Thomas Gigold geraten hat). Und genau dort versuche ich jetzt, alle anderen Quellen hineinzuholen, um das erste Mal in meinem Leben ein komplettes Tagebuch zu besitzen. Eine ganz schöne Arbeit, aber ich habe ja Zeit.
Da muss ich spontan an die Disketten denken, die ich letztens hier fand. Auf den Aufklebern stand so etwas hübsches wie „Christian” und ”Christian II” - sie stammten offensichtlich aus der Zeit, als ich noch keinen eigenen Rechner hatte und zwischen elterlichem Büro, Freundin und Uni nutzungspendelte.
Den letzten Rechner mit Diskettenlaufwerk hatte ich just zwei Wochen vorher unterm Schreibtisch hervorgezogen. Muss ich noch mal* anschließen.
*)gleich: nie.
Oh, ich hätte da auch noch ein paar Disketten mit QBasic-Programmen und weiteren, nicht mehr entschlüsselbaren Beschriftungen drauf, die auf ein passendes Laufwerk warten. Ich komme mal vorbei!
Was für ein verlockender Gedanke. Ein vollständiges Tagebuch! Ich würde es lieben. Aber ich würde es auch hassen. Weil es nie vollständig sein kann! (https://trotzendorff.de/leben/das-merkwuerdige-verhalten-geschlechtsreifer-grossstaedter/) Wobei: Vielleicht hast Du ja wirklich von Deinem ersten Atemzug an Tagebuch geführt?
Ja, vollständig im Sinne von: Alles, was ich mal annähernd tagebuchartig geführt habe an einem Ort. An der Vollständigkeit im Sinne einer kompletten Abdeckung meines bisherigen Lebens fehlte es mir ein wenig an Konstanz; vor allem in den ersten elf Jahren meines Daseins war ich schon sehr schreibfaul.
Ich hasse übrigens einige Einträge auch von Herzen und verabscheue mich manchmal für meine Einfältigkeit. Andererseits ist das halt auch ein Teil von mir und Baustein zu dem, was mich heute ausmacht. Das kann ich aus egoistischen Gründen schon nicht schlecht finden.
Christian Fischer liked this on Facebook.
Bestandssicherung http://t.co/zuGwUPQRUc
RT @Johannes: Bestandssicherung: http://t.co/VOoEJoeTfQ
@Johannes Ich nutze ansonsten noch Tweetnest. :)
@Sascha_Foerster Habe ich auch laufen. :)
@Johannes Ansonsten aggregiere ich meine Blogartikel mit Feedwordpress wieder ins http://t.co/2eEB4MFh8U zusammen. :) andere Tools?
@Sascha_Foerster reclaim.fm probiere ich seit einiger Zeit. Leider ist es noch sehr alpha.
@Johannes Finde es auch schade, dass so etwas angekündigt und dann nicht entwickelt wird. :(
Kathrin Mirus liked this on Facebook.
Kommentarfunktion ist geschlossen.