Der Preis bestimmt die Treue. Offensichtlich.

Es war ein Schock am heutigen Nachmittag, dass Dieter Hecking den Club nach genau drei Jahren verlassen wird. Selbst Manager Martin Bader wusste es erst seit zwei Tagen, was sich da anbahnt. Nach den Querelen um Bernd Schuster, der quasi schon als neuer Wolfsburger Trainer feststand, sich dann aber im Gehaltspoker verzockte, ließ sich nun Hecking aus seinem eigentlich bis 2014 laufenden Vertrag freikaufen.
Die Ablöse mag den Abgang ein bisschen weniger schmerzvoll werden lassen, aber es bleibt ein bitterer Nachgeschmack. Dass ein Trainer überhaupt mitten in der Saison seinen Verein wechseln kann, ist schon Wolfsburger Glück. Die Diskussionen gab es nämlich schon einmal vor etwa zwei Jahren, als Felix Magath zu – welch Zufall – Wolfsburg wechselte. Der VW-Werksclub, von jeglichem Financial Fairplay freigestellt, schwächt damit in erster Linie einen direkten Tabellennachbarn, der zudem in der laufenden Saison auch noch einmal Gegner sein wird.
Bei der Welt gibt es zu diesem Anlass einen entsprechenden Artikel, der die ganze Thematik schön ausleuchtet: Wolfsburg ist eine Lebenslüge der Bundesliga
Der Punkt ist, dass ein Verein, der VfL Wolfsburg, seine überlegene Finanzkraft dazu nutzt, einem Konkurrenten den Trainer abzuwerben, so wie er schon vor zwei Monaten den Manager Klaus Allofs aus Bremen abgeworben hat. Und dass diese überlegene Finanzkraft nicht durch bessere Arbeit, mehr Fans, tolleren Fußball erworben wurde. Sondern einzig und allein daher rührt, dass der VW-Konzern jedes Jahr viele Millionen Euro in einen Klub pulvert, der von seiner natürlichen Anziehungskraft her wohl maximal in der Zweiten Liga spielen würde.
Es ist eine unschöne Geschichte, wobei ich auch persönlich ganz tief enttäuscht von Dieter Hecking bin. Natürlich ist es eine tolle Chance für einen Trainer, bei einem Verein anheuern zu dürfen, der unbegrenzt finanzielle Mittel zur Verfügung hat, mit einem Manager wie Allofs eine Mannschaft bauen zu dürfen, die sich sehr wahrscheinlich langfristig im oberen Tabellendrittel festsetzen dürfte. Das hat Hecking verdient, er wurde zu Unrecht Saison für Saison bestraft, indem er immer wieder von vorn anfangen musste, weil die Leistungsträger weggingen. Aber man macht das nicht mitten in der Saison, man verlässt nicht sang- und klanglos einen Verein, der einem alle verfügbaren Freiheiten gegeben hatte und bei dem man in keiner Krise ernsthaft in Frage gestellt wurde. Alle Club-Fans standen fast bedingungslos hinter Hecking, vertrauten seiner Expertise und verbanden mit ihm eine neue Ära: die hart erarbeitete Zeit, in der Nürnberg endlich zur Ruhe gekommen ist. Hecking wirft das alles einfach weg.

Martin Bader scheint über das Verhalten von Dieter Hecking sauer zu sein, wenn man mal zwischen den Zeilen liest (Quelle: BR via Clubfans United):
Wir werden nichts Schlechtes über ihn sagen. Aber ich kann keine Beweggründe nachvollziehen, wenn man vom 1. FC Nürnberg weggeht.
Nun ist also wieder Zittern angesagt. Es wird wohl U23-Trainer Michael Wiesinger übernehmen, auch wenn Bader sich da noch nicht festlegen möchte. Für eine interne Lösung spricht auf jeden Fall die Hoffnung auf Kontinuität. Es ist dennoch an der Zeit, den guten alten Club-Pessimismus auszupacken.
PS, fun fact: Hecking ist der erste Nürnberger Trainer der Bundesligageschichte, der freiwillig geht.
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