In heutigen Zeiten wird ja alles mögliche als Derby bezeichnet, aber das liegt daran, dass in der Bundesliga nicht mehr so viele Vereine sind, die eine Historie haben. Vor allem keine regionale, vielleicht sogar lokale Geschichte, die sie in dem trennt, was sie verbindet. „Echte“ Derbys erzählen von Schlachten auf dem Fußballfeld und manchmal auch daneben. Von Stellvertreterkonflikten, die in echten Konflikten gründeten; weil hier Katholiken gegen Protestanten spielten, Oberklasse gegen Arbeiter oder linkes Flussufer gegen rechtes. Das meiste davon ist heute natürlich Folklore in einer solch globalisierten Welt, gerade im Fußball. Aber die Würze eines echten Derbys kommt aus der Geschichte.
Das Buch „Derbyfieber!“ von Ronny Müller, Andreas Baingo, Stephan Henke, Sebastian Stier und David Joram erzählt 26 dieser Geschichten. Die erste Hälfte des Buches besteht aus Derbys in Deutschland, die zweite weitet den Blick ins Internationale. Natürlich darf in dem Werk Dortmund gegen Schalke genausowenig fehlen wie Frankfurt gegen Offenbach oder Hamburger SV gegen St. Pauli. Selbstverständlich – und das habe ich geprüft, bevor ich die Rezension zusagte – ist auch das älteste deutsche Derby Nürnberg gegen Fürth vertreten. Das ist alles sehr interessant, wenn man sich ein wenig für Fußball interessiert. Bei manchen Feindschaften wissen ja oft schon die Fans gar nicht mehr, warum sie eigentlich existieren. Und an manche Begegnung kann ich mich sogar noch aktiv erinnern.
Überraschend lehrreich fand ich auch den internationalen Teil. Celtic Glasgow gegen Glasgow Rangers. Atletico Madrid gegen Real Madrid. Fenerbahçe Istanbul gegen Galatasaray Istanbul. Und so weiter. Es gibt dazu tolle – und manchmal auch bedrückende – Erzählungen, die einem die Augen öffnen. Zum Beispiel AC Mailand gegen Inter Mailand: Letztere haben sich gegründet, weil ihnen der AC (der damals noch anders hieß) zu nationalistisch war. „Internazionale sollte unterstreichen, dass alle Nationen und Kulturen willkommen seien.“
Fußballromantiker und -historiker können einiges aus diesem Werk ziehen. Das sind alles gut recherchierte und mit Anekdoten verzierte Geschichten über das, was Fußball ausmacht: Konkurrenz und Zusammenhalt. Denn auch wenn sich Derbygegner über wenig einigen können, eines sagen sie dann doch: Ein Derby ohne den Konkurrenten wäre auch langweilig.
Ronny Müller, Andreas Baingo, Stephan Henke, Sebastian Stier und David Joram: Derby Fieber – Die heißesten Fußballduelle. Meyer & Meyer Verlag, Aachen. 200 Seiten, 18,00 € Print, 16,99 € E-Book [D].
Offenlegung: Mir wurde ein Rezensionsexemplar kostenlos zur Verfügung gestellt.