Die Geschichte zum Bild
Manchmal laufen mir Dinge über den Weg. Oder liegen da herum. Und ich frage mich kurz „Dafuq?“, bevor sich vor meinem Bild die Geschichte dazu manifestiert. Die Geschichte zum Bild ist eine unregelmäßige Serie.
„Guten Morgen, Harald!“
„Bernd! Wie geht’s?“
„Ach, du, muss ja. Die Hüfte zwickt wieder, aber das kennt man ja. Kann nur noch rechts liegen, links geht nicht mehr. Aber der Arzt sagt, das ist ganz normal in meinem Alter, ich soll mir da nicht so viele Gedanken machen.“
„Hm.“
„Ja, nicht so wild. Was macht denn dein Rücken?“
„Seit der Kur viel besser, ich sag’s dir, ein richtiges Wunder ist da geschehen! Muss halt jetzt viel spazieren gehen, haben die mir gesagt, deshalb komme ich hier auch gerade vorbei. Ich mache das immer vormittags, weißt du, gleich nach dem Frühstück, dann hab ich’s rum. Hab ja auch noch so viel zu tun heute! Dienstag ist Einkaufstag, weißt du.“
„Hm, einkaufen.“
„Ja, ist immer stressig für mich. Vormittags sind die ganzen Mütter mit den kleinen Kindern im Supermarkt und fahren dir in die Hacken, weil sie es immer so eilig haben. Ich weiß gar nicht, warum die immer so rennen! Als ob ihnen die Lebensmittel weglaufen würden. Wir hatten es damals nie so eilig. Und nachmittags musst du dich echt beeilen, weißt du, bevor die ganzen Berufstätigen kommen, dann geht die Rusch Auer los, weißt du. Immer diese Hektik heutzutage.“
„Schlimm, schlimm.“
„Sag, hast du das eigentlich mit dem Schmidt mitbekommen?“
„Nein, was war denn?“
„Der ist vorgestern erst spät nach Hause gekommen. Hat da wohl so ne Veranstaltung gehabt, sagt er jedenfalls. Ich glaube, der war bloß wieder zu lang in der Kneipe, jedenfalls war er bestimmt nicht nüchtern. Hat sich mit dem Taxi bringen lassen, aber ist schon da vorne ausgestiegen. Hat wahrscheinlich das Geld nicht mehr gereicht, was?“
„Viel hat er ja nicht.“
„Nein, sieht man ja schon an seinem Haus. Da verwahrlost ja alles. Der Zaun muss schon seit Jahren gestrichen werden, das ist ein richtiger Schandfleck hier in der Straße. Sag ich ihm auch ständig und er nickt dann immer, jaja, mach ich schon, und redet dann von was ganz anderem. Jedesmal. Als ob ihn das nichts anginge, wie das hier aussieht! Wenn wir das alle so machen würden, ich sag’s dir!“
„Schrecklich wäre das!“
„Jedenfalls ist der da vorgestern hier lang gelaufen und ganz übel gestürzt.“
„Oweia. Hat er sich was getan?“
„Nichts gebrochen, sagt er, aber hat ganz schön gehumpelt. Vielleicht merkt er das auch nur nicht, Alkohol betäubt ja dann doch ganz schön.“
„Ja, aber das merkt man doch, wenn man sich was gebrochen hat!“
„Egal, er wird schon wissen, was er da tut.“
„Auch wieder wahr.“
„Aber weißt du, warum er gestürzt ist?“
„Weil er besoffen war?“
„Das hat vielleicht auch eine Rolle gespielt. Aber er sagt, die Laterne hier vorne, siehst du, die da vorne, die zweite vor der Kreuzung?“
„Ja.“
„Die geht nicht, sagt der Schmidt. Da war es ganz dunkel und er ist gestolpert.“
„Die geht schon ein paar Tage nicht, die Lampe. Habe ich auch schon gesehen.“
„Da muss man doch was machen!“
„Wie, was machen? Was sollen wir denn machen? Ihn zum Arzt fahren oder was?“
„Ach nein, mit der Laterne, meine ich. Heute der Schmidt, morgen bist es vielleicht du, der da nachts stolpert! Und du brichst dir dann vielleicht die Hüfte und brauchst endgültig eine neue!“
„Das will ich nicht.“
„Siehst du! Wir müssen da jemandem Bescheid sagen!“
„Gut. Aber wem?“
„Wer macht denn das mit den Laternen?“
„Die Stadt?“
„Ist doch heutzutage alles privatisiert! Die Stadt macht doch gar nichts mehr außer die Hundesteuer kassieren. Nee, die Stadt.“
„Wer denn sonst?“
„Meinst du wirklich?“
„Ja, wer denn sonst?“
„Die Stadtwerke vielleicht? Das Straßenbauamt!“
„Ist das nicht die Stadt?“
„Ist das nicht vom Landkreis?“
„Das kann natürlich sein.“
„Schwierig.“
„Ja.“
„Aber irgendwas müssen wir doch tun!“
„Einen Zettel hinhängen!“
„Einen Zettel?“
„Ja. Wenn das betreffende Amt seine Kontrollfahrt macht, sehen die das und reparieren die Laterne.“
„Und wenn der Zettel vorher abgerissen wird?“
„Ich nehme einfach ein Stück Klebeband, da habe ich neulich bei Westfalia eines zu meiner Bestellung dazu bekommen, das ist ganz gut und gelb. Das hält und da kann ich was drauf schreiben.“
„Mach’s aber richtig fest!“
„Natürlich.“
„Du kümmerst dich also darum?“
„Ja, mache ich sofort, sonst macht’s ja auch keiner.“
„Aber schön schreiben, damit die es auch lesen können!“
„Ich lass es meinen Enkel schreiben, der kommt heute nach der Schule.“
„Wunderbar, Harald, wunderbar. Dann alles Gute! Und Grüße an die Frau!“
„Danke! Alles Gute, Bernd.“
lol Kopfkino ist was Feines. :)
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