Womit begann der heutige Tag? Richtig, mit dem Staubsauger. Heute durfte wieder jemand anderes ran, dieses Mal war es der Russendoktor, der mich ja schon bei der Einweisung begutachtet hat. Abgesehen von seinem bestimmt zehnminütigen Monolog, der von Trinkgeld für Krankenschwestern über deren Rückenbeschwerden über undankbare und dankbare Patienten bis hin zum Anteil der Krankenkasse am Essen führte, gab er sich mit Abstand die meiste Mühe. Erst betäubte er die Schleimhäute leicht, dann saugte er vorsichtig den gar nicht mehr so zahlreich vorhandenen Schleim ab und anschließend sprühte er mir sogar noch etwas in die Nase, das er mit „bisschen ölen damit besser flutscht“ umschrieb.
Wieder eine gute Stunde völlig frei gleichmäßig durch beide Nasenlöcher atmen, war das schön. Es kommt auch immer weniger nach, ich muss gar nicht mehr so viel mit Nasenspray und Salbe nachhelfen, um die Nebenhöhlen frei zu bekommen, es ist also ein richtiger Fortschritt zu erkennen.

Als ich da gerade so völlig frei atmend stand, fragte ich den Russendoktor doch gleich einmal, wie denn der weitere Zeitplan wohl aussieht, wann ich entlassen werde. Er schaute auf die Liste und gab in einem sehr selbstverständlichen Ton, als wäre das nie in Frage gestellt gewesen, die einzig richtige, weil von mir erhoffte Antwort: Donnerstag. Achtundvierzig Stunden, noch zwei Mal schlafen, ein Licht am Ende des Tunnels. Und schon wieder war mein Tag gemacht.
Was ich noch nicht weiß, ist die Länge meines Ausfalls danach. Da die Folien zur Stabilisierung der Nasenscheidewand bei mir länger als üblich verbleiben, nämlich zehn Tage, werden sie erst am kommenden Montag entfernt. Ob sich dadurch die Rekonvaleszenz verlängert, muss ich noch eruieren. Wichtig ist mir das gerade noch nicht, Hauptsache endlich hier raus.
Ich habe da nämlich ein Problem, das so aberwitzig ist, dass ich nicht glaubte, es ausgerechnet im Krankenhaus zu haben: Ich bekomme viel zu wenig Schlaf. Hier ist immer Action, es gibt keine Stunde, in der nicht irgendwer die Tür aufreißt, irgendjemand im Zimmer eklig röchelt, spuckt (!), telefoniert, Besuch hat oder den Fernseher laut dreht. Und nachts, also nachdem die Nachtschwester um 22 Uhr noch einmal die Frage, ob alles okay wäre, in den Raum gebrüllt hat, schnarcht der Mittelmann mit der holzverarbeitenden Industrie Kanadas um die Wette, bis schließlich spätestens um 7:30 Uhr die Nacht beendet ist. Ich liege da also die ganze Nacht mit Stöpseln in den Ohren und schlafe in Halbstundenschichten. Ich habe mittlerweile ein Schlafdefizit wie nach einer 70-Stunden-Woche. Im Krankenhaus. Wo ich 22 Stunden des Tages im Bett verbringe.