Die­ser Tage ist es beson­ders inter­es­sant, wie ent­täuscht die Netz­bür­ger aus­ge­rech­net von der SPD und ihrer Hal­tung beim The­ma Leis­tungs­schutz­recht für Pres­se­ver­le­ger (LSR) sind. Das ist der Fluch der Erwar­tun­gen an die SPD, der sogar Leu­te wie Nico Lum­ma an sei­ner Par­tei ver­zwei­feln lässt.

Dabei ist das Ver­hal­ten der SPD poli­tisch gar nicht so unver­ständ­lich. Es wäre rei­ne Sym­bol­po­li­tik, das LSR im Bun­des­rat nicht durch­zu­win­ken, son­dern den Ver­mitt­lungs­aus­schuss anzu­ru­fen. Da wer­den Kos­ten und Nut­zen abge­wägt, was die SPD zum Schluss kom­men lässt, dass sich der Auf­wand nicht lohnt, für ein paar Neti­zens ande­re wich­ti­ge The­men, die brei­ten­wirk­sa­mer sind, zu ver­nach­läs­si­gen. Sie ist eine Volks­par­tei und dem­nach nicht ein­zel­nen Sub­grup­pie­run­gen ver­pflich­tet, son­dern dem Gan­zen; was hin­sicht­lich der kom­men­den Bun­des­tags­wahl von beson­de­rer Bedeu­tung ist. Nein, der SPD kann man gar kei­nen wirk­li­chen Vor­wurf machen, von der feh­len­den Sym­bol­po­li­tik abge­se­hen. (Wobei wir Sym­bol­po­li­tik sonst auch nicht so toll finden.)

Der LSR-Mist gedieh auf dem Scheiß­hau­fen von Uni­on und FDP. Die­se Par­tei­en haben sich zu Tode lob­by­ie­ren las­sen und sind vol­ler Angst ihrer eige­nen Cou­ra­ge den Unken­ru­fen eines ster­ben­den Wirt­schafts­zweigs gefolgt, ange­führt vom Springer-Verlag, um ein Gesetz zu beschlie­ßen, das so nie­mals ent­ste­hen dürf­te, wäre man bei gesun­dem Men­schen­ver­stand. Aber wir erwar­ten von die­ser Ras­sel­ban­de nichts ande­res, das ist der Punkt. Es hat uns nie gewun­dert, dass CDU, CSU und FDP so einen Unsinn ver­zap­fen, dass sie sich vor den Kar­ren mäch­ti­ger Grup­pie­run­gen span­nen las­sen. Und des­halb sind wir auch nicht von ihrer Leis­tung enttäuscht.

Die Ent­täu­schung über der SPD ist des­halb so groß, weil wir die Erwar­tung hat­ten, dass sie anders ist, als die ande­ren Par­tei­en. Dass sie eine wähl­ba­re Alter­na­ti­ve ist, der man guten Gewis­sens sei­ne Stim­me geben kann. Wie wir jetzt fest­stel­len müs­sen, war das falsch.

Ent­täu­schend auch, dass sich die Grü­nen bei der LSR-Diskussion nicht her­vor­ge­tan haben. Zwar wun­dert man sich kaum hin­sicht­lich der demo­gra­fi­schen Ent­wick­lung die­ser Par­tei, es ist aber den­noch scha­de. Sie haben die Chan­ce ver­tan, sich als Alter­na­ti­ve für Jung­wäh­ler und die Inter­net­wirt­schaft darzustellen.

Und die Pira­ten? Eigent­lich wäre es genau das The­ma die­ser so ver­schrie­nen „Netz­par­tei“ gewe­sen. Wer, wenn nicht die Frei­beu­ter aus dem Inter­net, wären geeig­ne­ter gewe­sen, für des­sen Sache zu kämp­fen? Aber im ent­schei­den­den Augen­blick, als es dar­um ging, sich zu posi­tio­nie­ren und den alten, tak­tie­ren­den und im Lob­by­is­mus bewe­gen­den Par­tei­en zu zei­gen, wie es anders gehen kann, wie man die schwei­gen­de Mehr­heit mobi­li­sie­ren kann, ent­schlos­sen sie sich zu einem Selbst­zer­flei­schungs­pro­gramm ers­ter Güte.

Dass das LSR tat­säch­lich Gesetz wer­den konn­te, trotz aller Mühen und Beteue­run­gen, ist eine rie­sen­gro­ße Ent­täu­schung. Dass dafür aber jetzt aus­ge­rech­net die SPD in Gefan­gen­schaft genom­men wird, ist zu kurz gedacht.

(Dass ich eines Tages mal die SPD in Schutz neh­men wür­de, hät­te ich auch nie für mög­lich gehalten.)

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