Als mich die Nach­richt von der Ein­stel­lung des Google-Readers erreich­te, dach­te ich so: Och nööö. Als ich näm­lich mal kurz reflek­tier­te merk­te ich, dass ich schon eine gan­ze Men­ge Online-Leben mit die­sem Tool organisiere.

Auf der ande­ren Sei­te: Das war ja nicht immer so. Ich habe schon eine Viel­zahl an Feed­rea­dern ver­wen­det, der ers­te war tat­säch­lich sogar selbst gehos­tet (wenn­gleich ich mich nicht mehr an sei­nen Namen erin­ne­re). Danach kam Feed­de­mon, eine Desktop-Lösung. Als ich mobi­ler wur­de, also mei­ne Feeds von unter­schied­li­chen Gerä­ten abrief und die gele­se­nen Items ger­ne syn­chro­ni­siert haben woll­te, kam ich auf Blog­li­nes, das Feed­de­mon unter­stütz­te. Irgend­wann blieb ich dann bei Blog­li­nes ohne Desktop-Software hän­gen; und das ziem­lich lan­ge. Erst, als Blog­li­nes manch­mal einen gan­zen Tag brauch­te, bis er Feeds aktua­li­sier­te, wech­sel­te ich zum Goog­le Rea­der. Ich wähl­te also den Weg, den alle wähl­ten, weil ich damit am wenigs­ten Ärger hatte.

Der Goog­le Rea­der war nie eine her­vor­ra­gen­de Lösung, aber sie war gut genug. Vor allem mach­te sie das, was ein Feed­rea­der machen soll­te: Feeds abgra­sen und leser­lich dar­stel­len. Dazu kam, dass der Rea­der in nahe­zu allen Apps und Lösun­gen inte­griert war und syn­chro­ni­siert wur­de, soweit die­se irgend­et­was mit RSS zu tun hatten.

Der Nachfolger heißt Fever

Das ist jetzt aber vor­bei und ich woll­te nicht lan­ge war­ten, bis ich eine neue Lösung hat­te. Denn im Zuge der Dis­kus­sio­nen hat­te ich von Fever gele­sen. Fever ist eine Lösung, die man auf dem eige­nen Ser­ver instal­lie­ren muss. Das ist ein unge­heu­rer Vor­teil, denn damit bin ich nicht mehr von der Pro­dukt­po­li­tik irgend­ei­nes Anbie­ters abhän­gig, son­dern bestim­me selbst, inwie­weit der Feed­rea­der ver­füg­bar ist.

Fever hat nur einen Nach­teil: Es kos­tet ein­ma­lig 30 US-Dollar, etwa 23 Euro. Ich habe das mal für euch investiert.

Die Instal­la­ti­on kann man kaum als sol­che bezeich­nen, so schnell und unpro­ble­ma­tisch war sie. Zu dem Pro­zess gehört die Bezah­lung mit­tels Pay­pal, alles kein The­ma. Das anschlie­ßen­de Set­up bestand im Wesent­li­chen dar­aus, den OPML-Export des Google-Readers zu impor­tie­ren. That’s it. Der Rest ist Finetuning.

Fantastische Fever-Features

Fever heißt Fie­ber, weil es ein net­tes Gim­mick hat. In der Ansicht „Hot“ wer­den belieb­te Bei­trä­ge ange­zeigt, wobei die Anzahl an Ver­lin­kun­gen den Fie­ber­grad bestim­men. Maß­geb­lich sind Ver­lin­kun­gen aus den eige­nen Feeds. Wer ger­ne exter­ne Mei­nun­gen mit ein­ho­len möch­te, deren Feeds aber sonst kei­ne wei­te­re Beach­tung schen­ken will, kann die­se Quel­len in einer sepa­ra­ten Grup­pe hin­ter­le­gen, den „Sparks“. Sehr net­tes Fea­ture. Dort kann man Emp­feh­lungs­ma­schi­nen wie Riv­va hin­ter­le­gen, die anders allein auf­grund ihrer Mas­se an Items kaum les­bar sind.

Ansons­ten funk­tio­niert Fever grund­le­gend wie der Goog­le Rea­der. Mei­ne Grup­pen sind links, in der Mit­te ste­hen dann die ein­zel­nen Grup­pen­mit­glie­der und in der rech­ten Spal­te kann ich mich durch die ein­zel­nen Bei­trä­ge scrol­len. Das funk­tio­niert alles wie gewohnt und unkom­pli­ziert. Vie­le Wei­ter­ver­ar­bei­tungs­funk­tio­nen sind per Tas­ten­druck erreich­bar und vor allem völ­lig frei kon­fi­gu­rier­bar. Stan­dard­mä­ßig ein­ge­stellt sind bei­spiels­wei­se das Tei­len auf Twit­ter (T) oder das Abspei­chern bei Insta­pa­per (I).

Zudem besitzt Fever ein okayes Mobil-Theme, sodass man die Feeds auch auf Tablet und Han­dy pro­blem­los abru­fen kann. Aller­dings sind die mobi­len Mög­lich­kei­ten etwas ein­ge­schränkt und schlech­ter bedien­bar als beim Goog­le Rea­der. Man kann auf dem Smart­phone auch auf Apps zurück­grei­fen, wobei ich bis­her nur Melt­down für Android aus­pro­bier­te, eine sehr rudi­men­tä­re Feed­ver­wal­tung, die aber funk­tio­niert und sich mit dem Ser­ver pro­blem­los syn­chro­ni­siert. Für iOS ist wohl in Ree­der eine Fever-Option beinhal­tet, was ich noch nicht gese­hen habe, aber fan­tas­tisch ist, wenn es funktioniert.

Es gibt aber auch Nachteile

Es ist nicht alles Gold, was Geld kos­tet. Und das Geld ist auch schon der größ­te Nach­teil. 23 bis 24 Euro wol­len erst ein­mal inves­tiert wer­den. Zumal es noch wei­te­re Schwach­punk­te bei Fever gibt. Klei­nig­kei­ten, zuge­ge­ben, aber sie exis­tie­ren und müs­sen erst ein­mal beho­ben wer­den. In der Mobil­ver­si­on kann man kei­ne neu­en Feeds hin­zu­fü­gen. Außer­dem kann es in der Desktop-Version pas­sie­ren, dass ein Feed mit­ten beim Lesen ver­schwin­det, weil gera­de mal wie­der alles aktua­li­siert wur­de und dafür neu gela­den wird. Ein beherz­ter Druck auf das Z macht die­se Gelesen-Markierung zwar rück­gän­gig, ner­vig ist es aber allemal.

Über­haupt, die Aktua­li­sie­rung. Wie Ron­sens schon rich­tig bemerk­te, war ein wesent­li­cher Vor­teil des Rea­ders, dass er sich die Feeds selbst abhol­te, im Hin­ter­grund. Fever macht das ohne wei­te­re Ein­stel­lun­gen immer nur dann, wenn man die Instal­la­ti­on auf­ruft. Ist das eini­ge Zeit her, dau­ert es, bis man was zu lesen hat. Aber dann wird alle 15 Minu­ten aktua­li­siert – mit den eben erwähn­ten Pro­ble­men. Abhil­fe für bei­de Pro­ble­me schafft nur ein (immer­hin gut doku­men­tier­ter) Cron-Job. Der muss aber auch im Webhosting-Paket beinhal­tet sein. Und man soll­te schon wis­sen, was ein Cron-Job ist.

Nicht zuletzt funk­tio­nie­ren nun eini­ge Diens­te nicht mehr mit mei­nen Feeds, Flip­board zum Bei­spiel. Das Pro­blem wer­den aller­dings auch ande­re Feed­rea­der haben.

Insgesamt eine Kaufempfehlung mit Einschränkungen

Alles in allem habe ich den Kauf noch nicht bereut. Das lag zu einem guten Teil aber auch dar­an, dass ich Fever selbst hos­ten kann. Wer kei­nen eige­nen Web­space hat oder wer mit den Begrif­fen FTP und MySQL-Datenbank nichts anfan­gen kann, soll­te sich ent­we­der jeman­den suchen, dem das was sagt, oder lie­ber auf einen der bestimmt bald kom­men­den neu­en Feed­rea­der aus­wei­chen. Ansons­ten bin ich über­zeugt, dass Fever-Autor Shaun Inman durch den Reader-Abschaltung eine Men­ge Geld ver­die­nen und des­halb Fever bevor­zugt wei­ter­ent­wi­ckeln wird.

Weiterführende Links

Vorheriger ArtikelEdwin #30 + Stolz
Nächster ArtikelDer Fluch der Erwartungen

3 Kommentare

  1. Dan­ke Johan­nes fürs Tes­ten. Hast n Getränk gut bei mir für die Vorausleistung :)

    Für mich so erst­mal unbrauch­bar. Ich hab mir zwar grad wie­der ne Domain und Web­space „geleis­tet“, aber auf die Schnel­le und bei nem Bil­lig­hos­ter, heißt nix Cron­job (ja, hät­te ich auch mal dran den­ken kön­nen, dass das bei RSS-Reader not­wen­dig ist) und jetzt noch­mal umzie­hen, weiß ich noch nicht, ob ich will. Ich hof­fe mal auf die Inno­va­ti­ons­kraft da drau­ßen und das bald neue Lösun­gen aufpoppen. 

    Mein ers­ter selbst­ge­hos­te­ter Rea­der hieß „Feeds on Feeds“ - ich neh­me mal an, das war der Unbe­kann­te, den hat­ten ne Zeit­lang näm­lich alle glaub ich :)

    • Feeds on Feeds

      Ja, genau! :)

      Ich habe das heu­te auch schon einem inter­es­sier­ten Kol­le­gen gesagt: Du kannst mit Fever nicht viel falsch machen, aber bis Ende Juli wer­den bestimmt auch noch ande­re Lösun­gen auf­plop­pen, davon sicher­lich auch eini­ge mit weni­ger mone­tä­ren Aufwand.

Kommentarfunktion ist geschlossen.