Eine Schweizer Flagge (weißes Kreuz auf rotem Grund) an einem Fahrenmast.

Elternzeittagebuch, Woche 7

Montag, 6. Juli 2020

Ich setz­te das Pro­jekt mei­ner Eltern­zeit um, ich mis­te ein­mal kom­plett mei­nen Klei­der­schrank aus, sor­tie­re alles neu und räu­me es fein säu­ber­lich wie­der ein. Nach andert­halb Stun­den bin ich fer­tig. Irgend­wie habe ich mir das kom­pli­zier­ter vorgestellt.

Dienstag, 7. Juli 2020

Die Kinds­mut­ter hat einen Ter­min in der Bon­ner Innen­stadt, Klein-Lea und ich beglei­ten sie und dre­hen dann gute zwei Stun­den meh­re­re Run­den in der über­ra­schend vol­len Fuß­gän­ger­zo­ne und an den Rhein run­ter, bis sie fer­tig ist. Weil ich mir mal einen guten Kaf­fee gön­nen möch­te, mutie­re ich zum Hipster-Dad: In der einen Hand der Starbucks-Becher, in der ande­ren der Bug­gy mit Kind.

Der Bonner Münsterplatz mit der Beethovenstatue und dem Postamt dahinter. Man sieht rechter Hand viele Menschen im Kaffee sitzen.

Mittwoch, 8. Juli 2020 🇨🇭

Wir besu­chen die Schwä­ger­infa­mi­lie in der Schweiz, weil wozu hat man denn Ver­wandt­schaft in der Alpen­re­pu­blik, wenn man das nicht ab und zu mal aus­nutzt! Es ist Klein-Leas ers­te lan­ge Auto­fahrt, wovon sie einen gro­ßen Teil ver­schläft. Ein­mal hal­ten wir für eine Mahl­zeit an, ein wei­te­res Mal für eine Wicke­lung. Die letz­te Stun­de hat sie kei­ne Lust mehr, da müs­sen wir dann lei­der alle durch. Brut­to sind es sechs Stun­den Fahrt. Die meis­te Zeit übri­gens auf Auto­bah­nen, die auf 130 km/h begrenzt sind – eine pure Fahr­freu­de, sieht man mal von den paar klei­ne­ren Staus ab.

Donnerstag, 9. Juli 2020 🇨🇭

Wir fah­ren erst mit einem Boot ein Stück­chen den Rhein run­ter, um dann die Stre­cke am Fluss ent­lang wie­der zurück­zu­lau­fen. Es sind rund sie­ben Kilo­me­ter auf größ­ten­teils gut aus­ge­bau­ten, mit Bug­gy befahr­ba­ren Wegen; eine leich­te Übung also. Die Boots­fahrt ist übri­gens bei unse­rem gesam­ten Aus­lands­auf­ent­halt der ein­zi­ge Moment, an dem wir eine Mas­ke tra­gen müssen.

Blick von einer Brücke auf den breiten Rhein, rechts gesäumt von Wäldern, am Ufer Boote. Links auch viel grün, eine Kirche und einige Häuser scheinen durch.
Blick von der Rhein­brü­cke Egli­s­au auf, nun, den Rhein
Der Rhein auf fast Wasserhöhe. Am Ufer viel Wald, links ragt das Ende eines Bootsstegs ins Wasser. Man erkennt ganz klein im Hintergrund zwei Boote im Wasser.
Das Eck bei Tös­segg, in dem die Töss in den Rhein fließt und nein, das habe ich mir nicht ausgedacht

Freitag, 10. Juli 2020 🇨🇭

Am zwei­ten Tag machen wir zu Dritt einen Gewalt­marsch in teil­wei­se pral­ler Son­ne rund um Rhein­au. Der Weg führt uns mehr­mals über die deutsch-schweizerische Gren­ze. Wir mer­ken es eigent­lich nur an den stän­di­gen Mel­dun­gen der Corona-Warn-App, die uns dar­auf hin­weist, dass sie in der Schweiz nicht funk­tio­niert. Die Last des Gewalt­marschs ist unter­schied­lich ver­teilt: Eine von uns klebt an mei­nem Rücken und darf gemüt­lich schla­fen, wäh­rend der Trä­ger neun Zusatz­ki­los mit sich herumschleppt. 

Rückansicht: Ein Baby hängt in der Manduka von einem Typen, der wie der Autor aussieht.
Typ mit zu vie­len Kame­ras und zu wenig Son­nen­creme trägt ein Baby herum

Weil wir abends dann auch noch ein­mal einen Spa­zier­gang run­ter zum Rhein machen, kom­me ich am Ende des Tages auf über 18.000 Schrit­te respek­ti­ve mehr als 13 über Berg und Tal zurück­ge­leg­te Kilo­me­ter. Da schme­cken die kre­denz­ten Spätz­le mit Schwei­zer Käse gleich dop­pelt gut.

Ein großer Gebäudekomplex umgeben von Wasser, zwei Türme ragen hoch.
Die Klos­ter­kir­che Rhein­au, die in der Schweiz steht, wäh­rend jen­seits des Rheins schon Deutsch­land ist
Eine Brücke, die überdacht ist und aussieht wie ein kleines Haus, durch das man hindurchfahren kann. Davor steht rechts noch eine Statue eines unbekannten Manns.
So kann eine EU-Grenze auch aus­se­hen (foto­gra­fiert von der Schweiz aus Rich­tung Deutschland)

Samstag, 11. Juli 2020 🇨🇭

Die Rück­fahrt ver­läuft ohne Kom­pli­ka­tio­nen und in einem ähn­li­chen Rhyth­mus wie die Hin­fahrt. Zuhau­se ange­kom­men bekom­me ich dank Han­dy­ti­cker mit, wie mein Ver­ein aus der Zwei­ten Bun­des­li­ga absteigt und sich dann in der aller­letz­ten Minu­te doch noch ret­tet, wor­auf­hin ich an den Fern­se­her stür­ze und ein­mal das kom­plet­te Haus vor Freu­de zusammenschreie.

Und damit ist unser dies­jäh­ri­ger Urlaub auch wie­der vor­bei. Das hat­ten wir eigent­lich mal anders geplant.

Sonntag, 12. Juli 2020

Wir bekom­men Kaffee-Kuchen-Besuch, den wir auf der Dach­ter­ras­se emp­fan­gen. Es ist sehr nett und wir freu­en uns, die­se Freun­de nach über acht Mona­ten mal wie­der gese­hen zu haben. Auch das war mal anders geplant; das vor­her geplan­te Tref­fen war das ers­te, das wir wegen Coro­na abge­sagt haben.