Interessant oder wahlweise auch ziemlich bescheuert ist es, dass ich mir bei jeder wissenschaftlichen Arbeit einen neuen Stil aneigne, mit Literatur umzugehen. Ich habe schon so ziemlich alles durch. Bei der ersten Arbeit legte ich noch ganz naiv einfach los, indem ich Bücher las, interessante Stellen markierte und mittels Post-its und Seitenmarkern Lesezeichen setzte. Es wurde lustig, als ich versuchte, diese Grundlage in ein Fußnotensystem mit Literaturanhang zu überführen.
Ich wechselte in der Folge auf ein Karteikartensystem. Es war aufwendig, hatte aber immerhin eine systematisch Ordnung. Bei einer späteren Arbeit probierte ich, diese Karteikarten in einem Excel-Dokument abzubilden. Das war ein Fortschritt, denn nun konnte ich die Suchfunktion nutzen. Ich wollte mehr, deshalb versuchte ich es bei der nächsten Arbeit mit einem Wiki. Unheimlich aufwendig, aber dank zahlreicher Querverlinkungen sehr querverlinkt. Keines dieser Systeme machte die Fußnotenverwaltung einfacher, aber immerhin die Arbeit mit den Quellen.
Voraussetzung für digitale Systeme ist, die Werke zu digitalisieren oder gleich digital zu haben. Eine Binsenweisheit, die im Praktischen jedoch das mühsame Herausschreiben oder -kopieren von Textstellen bedeutet. Diese Arbeit wird erst dann lohnenswert, wenn man bei einer Vielzahl an Quellen irgendwann die Übersicht zu verlieren droht. Und wenn man ein gutes Ablagesystem konzipiert hat.
Für meine aktuelle Master-Arbeit wollte ich an meinen bisherigen Erfahrungen anknüpfen. Ich wollte nicht nur eine mächtige Literaturverwaltung, sondern am besten gleich noch ein System, das mir bei der mühsamen Erstellung von deutschen Fußnoten hilft. Die Recherche war umfangreich, ich probierte schließlich ein halbes Dutzend Programme im Praxisbetrieb. Ich wollte einfach nichts dem Zufall überlassen. Zwar ist das Thema recht digital und noch dazu so neu, dass keine Handvoll an Büchern dazu existiert, aber dafür eine Unmenge an kleinen PDFs und Webseiten. Genau deshalb brauche ich ein System, das mir alle gedruckten und digitalen Bücher, alle Textstellen aus dem Internet und die zahlreichen PDF-Dokumente irgendwo zentral zur Verfügung stellt.
Es war ein großes Scheitern. Nach viel zu viel Zeit, die ich nicht auf die Literatur, sondern die Erforschung der Verwaltung von Literatur verschwendete, gab ich vorläufig auf. Keine Frage, es liegt sicherlich an mir und meiner Arbeitsweise, aber kein Programm kann abbilden, wie ich mir seit Jahrzehnten Bücherwissen aneigne. So bin ich tatsächlich in meinem digital life cycle wieder bei Papier angekommen. (Die Bücher sind ja schon so per Werksvoreinstellung, den Rest drucke ich aus.) Denn da kann ich alles markieren und mir Notizen dran machen, wie ich das gerade brauche. Schnell und unkompliziert und wie vor zwei Wochen auch mal auf der Dachterrasse.
Allerdings stehe ich jetzt, nach nahezu abgeschlossenen Literaturstudium, vor einem riesigen Problem: Wo stand noch einmal was? Wer hat wozu noch einmal das passende Zitat geliefert? Ich fürchte, das Thema Literatur- und Quellenverwaltung ist noch nicht abgeschlossen.
Hast du mal überlegt Evernote dafür zu verwenden? Dort kannst du digitales copy/pasten und analoges abfotografieren. Dank OCR ebenso durchsuchbar.
Verlinkungen im Entwurf zur Arbeit müsste dann über ein Kürzel erfolgen, das sich zB im notiztitel bei evernote wiederfindet.
Oje. Evernote. Das soll ja eine Wollmilchsau sein, sagt man mir immer, aber den Zugang dazu habe ich noch nicht gefunden. Ich werde es mir noch einmal unter dieser Prämisse ansehen. Vielen Dank für den Hinweis!
Literaturverwaltung http://t.co/QAroLum469
@Johannes Och menno! Ich hatte doch gehofft, dass es die perfekte Lösung gibt (und ich sie nur noch nicht gefunden habe). Aber wenn du (1/2)
@Johannes bei deiner Masterarbeit immer noch auf der Suche bist, entmutigt mich das. Bisher nutze ich Citavi. Hast du es damit mal probiert?
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Hallo Herr Mirus,
Sie schrieben:
Darf ich fragen, wie das bei Ihnen aussieht und was sie bei den Programmen ganz besonders vermissen?
Es sind im Grunde zwei Punkte:
1. habe ich einen Stil zum Lesen und Markieren, der hauptsächlich auf Seitenmarkern basiert (siehe Foto oben). Das zu übertragen ist schwierig, wenn auch nicht unmöglich.
2. erhoffe ich mir von einem Programm, dass es mir bei der Fußnotenverwaltung hilft. Das scheint das größte Problem der meisten Programme zu sein. Sie gehen davon aus, dass die ganze Welt amerikanische Literaturverwaltung benötigt. Meine Hochschule macht mir aber sehr spezielle Vorgaben, was die Zitationsweise angeht. Ich habe noch kein Programm gesehen, bei dem ich das ohne Aneignung einer Skriptsprache abbilden kann.
Bei Citavi kommen dann noch weitere Probleme hinzu: Ich will nicht so viel Geld investieren (nein, meine Hochschule ist nicht in der Liste) und es gibt keine Mac-Version.
Die Seitenmarker sind wirklich eine Herausforderung. Die Programme zur qualitativen Analyse bieten so etwas bereits, wie etwa http://www.atlasti.com/, allerdings geht denen dann der Literaturverwaltungsteil ab.
Die Zitierweise wird ja über sogenannte Zitationsstile in den Literaturverwaltungsprogrammen abgebildet - und auch Fußnotenstile sollten da grundsätzlich kein Problem sein. Zotero, Mendeley und andere setzen auf die offene Citation Style Language, um die Stile abzubilden. Bei Citavi setzen wir auf ein eigenes Format, das uns schnellere Anpassungen erlaubt. Unser Zitationsstileditor ist zwar kein Kinderspiel, aber besser als Skriptsprachen ist er schon. Wenn die Hochschule einen gängigen Stil gewählt hat, stehen die Chancen aber sowieso gut, dass es den schon gibt. Wenn es sich um einen „offiziellen“ Stil handelt, erstellen wir ihn andernfalls.
Zum Preis kann ich nicht viel sagen, das ist immer eine individuelle Kosten-Nutzen-Frage. Aber vermutlich wird insoweit sowieso die mangelnde Mac-Version den Ausschlag geben.
Tatsächlich ja. Ein paar Euro für dein Programm auszugeben, darüber kann man noch reden. Einen neuen Computer anzuschaffen fände ich dann aber doch übertrieben.
Trotzdem danke für die Ausführungen! Vielleicht fühlen sich ja andere Leser inspiriert.
[…] Ausschläge nach oben oder unten, sie war einfach nur da. Sicher, ich könnte mich weniger mit der Master-Arbeit beschäftigen müssen oder das mit dem Club persönlich nehmen. Aber andererseits: Wie oft konnte ich […]
Hi Johannes,
ich bin ja seit langer Zeit ein großer Fan von Zotero.
http://zotero.org/
Dort gibt es auch einen VisualEditor für Zitierstile:
http://editor.citationstyles.org/visualEditor/
Ansonsten kann man die Skriptsprache an einem Wochenende lernen.
Wenn ich exzerpiere lege ich einfach eine kleine Notiz in der Literaturangabe ab, die mit S. ## Kurze Überschrift anfängt und eine Zeile tiefer mit dem Zitat oder der Zusammenfassung beginnt.
Die Notizen kann man taggen und verlinken. Hier gibt’s mehr Infos dazu:
http://www.saschafoerster.de/stichwort/zotero/
Danke für die Links. Zotero bin ich gerade am Ausprobieren, scheiterte aber vorerst an der Zitation. Sehe mir den Editor mal demnächst genauer an. Genau den hatte ich bislang vermisst und auch wenig Lust, eine Skriptsprache zu lernen.
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