Momentan geht eine böse Geschichte durch das Netz. Eine arme Bloggerin habe sich einen Scherz erlaubt, vollkommen ironisch einen ihr geschenkten Ehrendoktortitel verwendet und plötzlich die Polizei im Haus stehen gehabt. Diese Geschichte macht derzeit ihre Runden. So steht bei den RuhrNachrichten etwa:
Sie schrieb damals augenzwinkernd in ihrem satirischen Blog-Beitrag darüber: „Ich setze mir selbst die Krone auf ...“
Und auch die Seite „Deutsche Wirtschafts Nachrichten“ (die Orthografiekenntnisse versagten hier schon bei der Namensgebung) schreiben:
Die Unternehmerin Ihnenfeldt hatte über ihren Ehrendoktor-Titel auf ihrer Webseite SteadyNews.de einen satirischen Blog-Artikel geschrieben.
(Hervorhebungen in beiden Zitaten von mir.)
Wertlose Ehrendoktortitel
Jetzt warne ich ja nicht zum ersten Mal vor diesen MLDC- und anderen Pseudo-Dr.-h.c.-Angeboten. Es ist so oder vollkommener Schwachsinn, Geld für ein Blatt Papier auszugeben, dessen Wert höchstens darin besteht, die Rückseite für Notizen nutzen zu können. Wenn man diesen Spaßtitel dann aber auch noch wirklich zu verwenden beabsichtigt, muss man schon von Dreistigkeit sprechen.
Auch im besagten Fall der Journalistin Eva Ihnenfeldt ist der für die Ermittler ausschlaggebende Blogeintrag bei Weitem nicht so ironisch und satirisch, wie nun kolportiert wird. Im Gegenteil scheint Ihnenfeldt öffentlich abzuwägen, um endlich zum Schluss zu kommen, den gekauften Titel fortan tragen wollen. Sie fragt sich:
Sollte ich mir also zum Geburtstag einen Ehrendoktortitel gönnen?
Dann vergleicht sie den MLDC-Titel mit den echten Ehrendoktorwürden von Wolfgang Thierse, Joachim Gauck und Carsten Maschmeyer (ausgerechnet). Um ganz sicher zu gehen, kontaktierte sie sogar noch einen MLDC-Titel-Inhaber, den sie mit den Worten „Ich habe mir die Krone eben selbst aufgesetzt“ zitiert, um dann zu dem Schluss zu kommen:
(…) nun habe auch ich mir die Krone selbst aufgesetzt, mit gutem Gewissen, mit Leidenschaft und Überzeugung.
Sie schließt ihren Beitrag mit den Worten:
Herzlichen Dank für diese unsichtbare Fakultät von großartigen Menschen, mit deren Hilfe ich das geworden bin, was ich seit dem 10. März 2012 bin:
Dr. h.c. of Ministry Eva Ihnenfeldt, MLDC Miami!
Nein, ich habe keinen Part überlesen, in dem sie irgendwie kenntlich macht, sie würde den Pseudo-Titel nicht ernst nehmen. Der ganze Beitrag ist eine einzige Selbstfindung und Rechtfertigung, ihren gekauften Falschdoktor tragen zu können, mit allem, was hilft, ihre Dissonanz zu beseitigen. Dass sie es dann auch noch schafft, gegen die minimalen Kennzeichnungsvorschriften zu verstoßen, die selbst die MLDC auf ihrer Website angeben, setzt der Sache tatsächlich eine Krone auf.
Ironiefreie Zone
Ironie ist eine schwierige Sache, im Geschrieben ganz besonders. Das bedeutet aber nicht, dass man einen ziemlich offensichtlich unironischen Artikel nachträglich zur Satire zu erklären kann, um so eine Dummheit zu rechtfertigen. Natürlich war die Polizeiaktion auch weit über das Ziel hinaus, ein einfacher Brief hätte die Sache wahrscheinlich erledigt. Zumal man auch – was für ein Glück für Frau Ihnenfeldt – keine Dokumente finden konnte, auf denen sie sich als „Dr. h.c.“ ausgibt. So hoffe ich trotz allem, dass die ganze Aktion nur ein Schuss vor den Bug war und nun folgenlos erledigt ist.
Der Fall taugt aber als mahnendes Beispiel. Die Ehrendoktorgeschichten sind keine Kavaliersdelikte und können ernsthafte Konsequenzen besitzen. Diese Hausdurchsuchung war nicht die erste und wird ganz sicher auch nicht die letzte sein.
Satire ist eben etwas für intelligente Menschen.
Johannes, sorry, aber dieser Post entkräftigt in keiner Weise, dass der Einsatz völligst! (völlig reichte mir nicht) unverhältnismäßig war.
Deiner Meinung nach lese ich daraus : selbst schuld, wenn oben drüber nicht blinkend SATIRE ! steht.
Selbst wenn es manchem schwer fallen sollte, die Ironie raus zu lesen (es gibt ja auch genug Leute, die den Postillion ernst nehmen), so beschrieb der Blog-Post von Frau Ihnenfeldt exakt die Herkunftsgeschichte des ‚Titels‘.
Das kann man nicht einfach ignorieren und dann die Kavallerie losschicken.
Ich denke Du würdest dich auch bedanken, wenn demnächst ein Kommando deinen geschützten Privatraum auf links dreht, auf der Suche nach Bengalos (1.FC Nürnberg Fan), Drahtschere und Einbruchwerkzeug (Vegetarier, evt. militant?) und Beweisen von Missbrauch von geweihten Ämtern (bietet auf seiner Blog-Seite die Möglichkeit von Ablasshandel an, ohne diesen näher zu beschreiben / zu deklarieren).
Upps, habe ich zu schnell falsche Schlüsse gezogen ?!
Eben !
Danke für deinen Kommentar, Stephan. Ich bin da vollkommen mit dir einer Meinung, ich schreibe ja auch, dass ich die Aktion „weit über das Ziel hinaus“ finde, das steht außer Frage.
Ich finde nur, dass zu wenig über den Inhalt der Aktion diskutiert wird, nämlich den falschen Ehrendoktortitel, sondern der ganze Artikel einfach mit dem Totschlagwort Satire abgetan wird. Auf diese Weise wird die Thematik Titelhandel vollkommen missachtet. Meiner Meinung nach zu Unrecht.
Ehrlich gesagt fand ich den Blogtext ebenfalls nicht besonders satirisch. Die Passage über den Heilpraktiker, der den Titel offenbar tatsächlich missbbraucht wurde unkritisch positiv als Grund für ihre letztendliche Entscheidung angeführt, gefolgt von Gründen warum sie den Doktor ja eigentlich verdient hat. Insgesant klang es eher nach „Hihi, was für ein Spaß und hey, haben nicht alle engagierten Menschen irgendwie einen Doktortitel verdient?“
Das rechtfertigt natürlich weder die Hausdurchsuchung noch die Art wie diese dann letztendlich abgelaufen ist. Das muss man, wie du ja auch schreibst, schon trennen. Aber jetzt mit Satire um die Ecke zu kommen und „war doch gar nicht so gemeint, hätte man ja wissen müssen“ ist auch wieder übers Ziel rausgeschossen.
Klar kann man das noch „satirischer“ rüber bringen ... die Verhältnismäßigkeit der Reaktion allerdings sollte wieder auf ein gesundes Maß gestutzt werden. Einfach mal das Hirn einschalten und nicht nach Massnahmenkatalog vorgehen. Dieser ist nämlich nur dafür da, dass Halbhirne nicht mal mehr dieses „anschalten“ und bemühen müssen, doch noch eine Rolle in unserer Welt spielen dürfen.
Michael Marheine
Ach wenn man so unsachlich überzogen diesen Block und den Ehrendoktor beschreibt, riecht das für mich immer nach Neid oder einfach „draufhauen“. Es ist mir völlig egal ob und wie jemand zu einem Doctor h.c. kommt, denn ich habe von dem Menschen weder mehr noch weniger und bilde mir mein Urteil selbst. Meine eigene Sicht der Dinge lasse ich auch nicht von echten Dr. gänzlich bestimmen und wesentlich beeinflussen. Warum also diese Aufklärung der Nation? Ich brauche sie nicht!
Sei es so oder nicht. Gemäß Gesetzeslage handelt es sich bei einem Ehrendoktor nicht um einen akademischen Grad und somit bei sachgerechter Führung nicht um einen um einen Titel Missbrauch. Wer mit h.c. nichts anfangen kann weiss im Notfall ebensowenig dass sein Nachbar mit dem Dr. Klingelschild ein Epidemiologe oder ein Ingeneur und nicht wie wohl die Menschheit glaubt ein Arzt ist. In sofern lässt sich das für mich nicht nachzuvollziehen.
Sind unsere dummstudierten Akademiker sauer, das jemand einen Ehrendoktortitel durch Spendengelder verliehen bekommt? Sind unsere Politiker sauer das der Normalbürger für wenig Geld die letztlich selben unnötigen Titel „geschenkt“ bekommt?
Wo liegt das Problem? Wenn ich mich als Arzt ausgebe hat das schwerwiegende Folgen (mal abgesehen davon das hierbei der Doktor unwichtiger nicht sein könnte), wenn ich als Swingerburgbetreiber ein Dr. h.c. Spirit of Love bin, nimmt das weder Einfluss auf mein Umfeld, noch kann man hierbei davon ausgehen das ich diplomierter Psychologe für Sexualtherapie bin. A) sagt das h.c. doch alles B) ist es kein Titelmissbrauch da der gebildete Mensch ohnehin weiss das es ein „Ehrentitel“ ist. C) ist es doch die Diskussionen nicht wert. Weder sehe ich es als falsch, noch als verwerflich - noch als richtig. Es ist einfach nonsense und jeder sollte mit nicht akademischen Titeln tun können was er will.
Wie verhält es sich denn beim Professor? Der ist ja ohnehin kein akademischer Titel.. ist dann der „Ehrenprofessor“ (ein nicht akademischer Titel) zwangsläufig Titelmissbrauch weil die Allgemeinheit „meint“ der nicht akademische Titel „Professor“ sei ein akademische Titel? Im Umkehrschluss bringt es mich zum weinen. Unser Justizsystem sollte sich um erheblich wichtigere Sachen kümmern.. und unsere „Doktoren“ an der Steigerung des durchschnittlichen Wissensstand des allgemeinen Bürgers arbeiten. Das sie auch mal was sinnvolleres tun außer Bücher zu wälzen und ihren durch bisschen Schreibkram erworbenen Dr. Titel raushängen zu lassen.
Nun muss man aber zwischen bescheuerten und akademisch unrealistischen Titeln wie „Dr. h.c. of Divinity“ und akademisch möglichen Titeln wie „Dr. h.c. of Biblical Archaeology“ unterscheiden. Jemanden zu belangen, weil er einen unrechtmäßig erworbenen Doktortitel erworben hat, der wie letzterer akademisch möglich ist, ist vollkommen richtig, da er missbräuchlich genutzt werden kann. Aber jemanden mit Dr. of Divinity, of Immortality oder of Ufology zu belangen, ist unsinnig. In keinem anerkannten, wissenschaftlichen Fachgebiet ist es möglich, damit Vorteile zu erlangen.
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