Es gibt ja unter­schied­li­che Mei­nun­gen zum soge­nann­ten Home Office, also dem Arbei­ten von zuhau­se aus. Man­che lie­ben es, in ihrer gewohn­ten Umge­bung rela­tiv unge­stört ihrer Tätig­keit nach­ge­hen zu kön­nen, ande­re möch­ten ger­ne eine kla­re Tren­nung zwi­schen Arbeit und Pri­vat­le­ben, die sich auch räum­lich aus­drü­cken soll. Die Wahr­heit liegt wahr­schein­lich wie so oft irgend­wo in der Mit­te, aber ich erblö­de mich trotz­dem, hier und jetzt den gro­ßen Home-Office-versus-Büro-Vergleich™ anzu­stel­len. Ich bemü­he dafür die wirk­lich wich­ti­gen Kategorien.

Kaffeeversorgung

Es hängt von der Kaf­fee­ma­schi­ne zuhau­se ab und natür­lich der Mög­lich­keit, Kaf­fee im Büro zu erhal­ten. Im Büro ist Kaf­fee oft kos­ten­los, das ist natür­lich ein mone­tä­rer Vor­teil, wenn man Kof­fe­in­jun­kie ist. Ande­rer­seits küm­mert sich meis­tens nie­mand um eine anstän­di­ge War­tung der Maschi­ne, man will gar nicht wis­sen, was da alles in der Tas­se lan­det. Falls es über­haupt einen anstän­di­gen Kaf­fee­voll­au­to­ma­ten gibt und kei­ne Fil­ter­kaf­fee from hell, wie ich lie­be­voll den in Zwei­li­ter­ka­nis­ter abge­füll­ten Pump­kaf­fee nen­ne. Letzt­lich ist der ent­schei­den­de Punkt jedoch, dass sich im Büro jemand um den Ein­kauf des Roh­ma­te­ri­als (Boh­nen, Milch, Zucker) küm­mert und im bes­ten Fall die Rei­ni­gung der Tas­sen über­nimmt. Punkt Büro.

Freizeit

Um ins Büro zu kom­men, muss man dort­hin kom­men. Das kann im güns­ti­gen Fall in unter fünf Minu­ten gesche­hen, aber wer will schon so nah am Arbeits­platz woh­nen. In ganz ungüns­ti­gen Fäl­len braucht man von Haus­tür zu Schreib­tisch mehr als neun­zig Minu­ten – wenn es kei­nen Stau gibt bezie­hungs­wei­se der Zug pünkt­lich fährt. Die­se wert­vol­le Lebens­zeit erspart man sich, wenn Schreib­tisch und Bett nur eini­ge Meter aus­ein­an­der ste­hen. Punkt Home Office.

Paketdienstverfügbarkeit

Wer zuhau­se ist, ist nicht auf Pack­sta­ti­on oder Nach­barn ange­wie­sen; muss sich aller­dings dann mit Paket­bring­per­so­nal her­um­schla­gen, was Inter­ak­ti­on auf mensch­li­cher Ebe­ne erfor­dert. Den­noch sind die Vor­tei­le nicht abzu­strei­ten, wenn man Pake­te bis zur Haus­tür geschleppt bekommt. Punkt Home Office.

Haustiere

Haus­tie­re sind total super­süß und freu­en sich, wenn du Zeit mit ihnen ver­bringst. Aber du freust dich nicht, wenn sie auf der Tas­ta­tur lie­gen, dich von der Sei­te anbrül­len oder gar noch Gas­si gehen wol­len. Den­noch, qua­li­ty time mit Fami­li­en­mit­glie­dern zählt als posi­ti­ver Bei­trag zur Work-Life-Balance. Punkt Home Office.

Menschen

Im Büro ner­ven die Kol­le­gen enorm, wenn man sich kon­zen­trie­ren will. Außer­dem kann man ja nicht mit allen gleich gut, trotz­dem ist man im Büro auf Gedeih und Ver­derb den­je­ni­gen aus­ge­lie­fert, die der Per­so­nal­chef aus rein wirt­schaft­li­chen Inter­es­sen aus­ge­wählt hat. Ande­rer­seits kann man im Home Office schon ziem­lich ver­ein­sa­men und echt eigen­ar­ti­ge Züge anneh­men, wenn einem der Plausch an der Kaf­fee­ma­schi­ne und das Läs­tern über die unsym­pa­thi­schen und unfä­hi­gen Kol­le­gen ent­zo­gen wird. Punkt Büro.

Toilette

Die Toi­let­te im Büro wird von meh­re­ren Men­schen benutzt, mit denen man nicht ger­ne Kör­per­flüs­sig­kei­ten tau­schen möch­te. Punkt Home Office.

Mittagessen

Essen in Gemein­schaft ist super. Das kann dir jeder Psy­cho­lo­ge bestä­ti­gen. Ob das im Büro gelingt, hängt von meh­re­ren Fak­to­ren ab (Kan­ti­ne vor­han­den? Kol­le­gen vor­han­den, die nicht nur am Schreib­tisch mit­tag­pau­sen? Selbst nur ein Schreib­tisch­esser?). Rein von der Wahr­schein­lich­keit her ist die Chan­ce, mit Kol­le­gen mit­tag­zu­es­sen, auf jeden Fall in einem Büro grö­ßer als im Home Office. Punkt Büro.

Ablenkungspotential

Im Büro len­ken dich Kol­le­gen und die­se ner­vi­gen Per­so­nen ab, die sich Kun­den nen­nen. Im Home Office len­ken dich Haus­tie­re (s.o.), Paket­bo­ten (s.o.), gege­be­nen­falls noch mit­woh­nen­de Per­so­nen und die­se ner­vi­gen Per­so­nen ab, die sich Kun­den nen­nen. Ablen­kun­gen im Bereich Social Media sind arbeits­platz­ab­hän­gig, aber zuhau­se even­tu­ell grö­ßer. Ins­ge­samt ist es schwer, da einen Vor­teil für eine Arbeits­form zu sehen, denn die Dosis macht das Gift. Die Erfah­rung zeigt, dass man im Büro schlicht häu­fi­ger unter­bro­chen wird. Punkt Home Office.

Endabrechnung

Es steht in die­ser voll­kom­men objek­ti­ven Betrach­tung am Ende 5:3 für das Home Office. Das ist doch mal ein deut­li­ches Zeichen.

In Wirk­lich­keit glau­be ich ja, dass die Mischung ent­schei­dend ist. Viel­leicht eine 5:3-Aufteilung, viel­leicht rei­chen auch ein bis zwei Tage pro Woche im Home Office, um die­se omi­nö­se Work-Life-Balance hin­zu­be­kom­men. Man weiß es nicht, man soll­te es jedoch probieren.

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10 Kommentare

  1. Inter­as­san­te Lis­te bzw. Prio­ti­sie­rung. Bei mir sähe es aller­dings teil­wei­se etwas anders aus:

    1. Kaf­fee trin­ke ich nicht sehr viel, viel­leicht zwei Tas­sen am Tag, der darf dann ger­ne frisch und gut sein, das Geld fällt da nicht so ins Gewicht. Punkt Home Office.

    2. Das sehe ich ähn­lich: Qua­li­ty time ist nicht die Zeit, die man im Stau oder gar mit dut­zen­den wild­frem­der, erkäl­te­ter Men­schen in einer U-Bahn ver­bringt. Wer geis­ti­ge etwas mehr Abstand zwi­schen Bett und Schreib­tisch braucht, kann ja vor Arbeits­an­tritt ein­mal um den Block oder den Park gehen und sich dabei gleich Bröt­chen vom Bäcker mit­brin­gen. Kla­rer Punkt fürs Home Office.

    3. Paket­dienst­ver­füg­bar­keit: Das ist grund­sätz­lich real­tiv aus­ge­gli­chen, denn wer den gan­zen Tag zuhau­se ist, wird gern als die Paket­an­lauf­sta­ti­on für die gesam­te Nach­bar­schaft ange­se­hen, wenn der Paket­mensch das erst ein­mal spitz gekriegt hat. Wohnt man höher als Erd­ge­schoss, ist – je nach Arschig­keit des Zustel­lers – auch kei­ne Lie­fe­rung garan­tiert, gera­de bei schwe­ren Pake­ten wird da gern mal direkt die Benach­rich­ti­gungs­kar­te ein­ge­wor­fen. Unentschieden.

    4. Haus­tie­re sind super und ein will­kom­me­ner Anlass, gefäl­ligst den Hin­tern aus dem Ses­sel zu bewe­gen, damit man an man­chen Tagen über­haupt mal raus vor die Tür geht. Und sie lie­ben dich auch, wenn du gera­de doo­fe oder kei­ne Kun­den hast. Lei­der hängt es vom Ver­mie­ter ab, ob man wel­che haben darf, bzw. im Büro halt vom Chef und den ggf. all­er­gi­schen Kol­le­gen. Unentschieden.

    5. Men­schen. Hmja. Kommt wohl auf die Men­schen an. Unentschieden.

    6. Die Toi­let­ten­fra­ge ist ein no-brainer, auch wenn man sie sel­ber put­zen muss (sofern man kein Per­so­nal hat). Gegen eine heis­se Dusche oder Bade­wan­ne mit­ten am Tag, wenn man’s gera­de wirk­lich gut gebrau­chen kann, ist auch nichts ein­zu­wen­den. Kla­rer Punkt fürs Homeoffice.

    7. Mit­tag­essen wann ich will, was ich will? Und ich koche selbst? Super! Dann weiss ich wenigs­tens, was drin ist und dass es mir schmeckt. Wer braucht schon Kol­le­gen, wenn er Twit­ter und Face­book hat? Zur Not besorgt man sich eine Lunch­ver­ab­re­dung, und ggf legt man sei­ne Kun­den­ter­mi­ne auf die Essens­zeit, dann sind die Kun­den auch ent­spann­ter. Kla­rer Vor­teil fürs Home­of­fice, aber ich sehe ein, dass das für extro­ver­tier­te Men­schen ein Pro­blem dar­stel­len kann.

    8. Das Ablen­kungs­po­ten­ti­al von Social Media ist in der Tat nicht zu unter­schät­zen und eine ech­te Gefahr für die Pro­duk­ti­vi­tät. Hier braucht es eiser­ne Dis­zi­plin. Den­noch glau­be ich, dass man im Home Office pro­duk­ti­ver, weil fokus­sier­ter arbei­tet als in der Fir­ma, ganz sicher jeden­falls, wenn man in einem Gross­raum­bü­ro arbei­ten muss. Vor­teil Home Office.

    Ins­ge­samt spricht für mich wirk­lich gar nichts fürs Büro, ich blü­he auf im Home Office. Was ver­mut­lich ein kla­res Zei­chen dafür ist, dass ich drin­gend einen Büro­job haben soll­te. Hat mein Ted­dy­bär mir auch schon gesagt.

    • wer den gan­zen Tag zuhau­se ist, wird gern als die Paket­an­lauf­sta­tion für die gesam­te Nach­bar­schaft ange­se­hen, wenn der Paket­mensch das erst ein­mal spitz gekriegt hat

      Oh. Ja. Rich­tig. Muss­te gera­de an unse­re armen Nach­barn den­ken, die stän­dig Pake­te anneh­men müs­sen. Das habe ich alter Büro­hengst natür­lich nicht bedacht.

      Wer braucht schon Kol­le­gen, wenn er Twit­ter und Face­book hat? 

      Da bin ich aller­dings ande­rer Mei­nung. Es macht schon einen Unter­schied, ob man mir Men­schen von Ange­sicht zu Ange­sicht spricht oder einen Bild­schirm zwi­schen sich hat. In den meis­ten Fäl­len bevor­zu­ge ich letz­te­re Vari­an­te, aber die­se hal­be Stun­de am Tag fin­de ich doch meis­tens recht erfrischend.

      Ansons­ten dan­ke für dei­nen aus­führ­li­chen Kommentar! :)

  2. Wei­te­re Punk­te pro Home­of­fice: Im Home­of­fice kannst du nackt rum­lau­fen (die­se Tat­sa­che soll­te man sich aber bewusst machen, wenn der Paket­bo­te klin­gelt), in nor­ma­len Büros exis­tie­ren dies­be­züg­lich unter­schied­li­che Tole­ranz­schwel­len, man muss erst fra­gen, ob das okay ist. Wenn man im Home­of­fice grad mal nicht so viel zu tun hat oder wenn man grad pro­kras­ti­nie­ren will, kann man unge­stört mal eben eine Staf­fel einer belie­bi­gen Serie anschau­en und muss sich kei­ne Aus­re­de aus­den­ken, war­um das jetzt wirk­lich rele­vant für den Job ist.

    • nackt rum­lau­fen

      in nor­ma­len Büros exis­tie­ren dies­be­züg­lich unter­schied­li­che Toleranzschwellen

      Da sags­te was! Ein kla­rer Punkt für das Home Office. Man spart sich etli­che Belästigungsvorwürfe.

      kann man unge­stört mal eben eine Staf­fel einer belie­bi­gen Serie anschau­en und muss sich kei­ne Aus­rede aus­den­ken, war­um das jetzt wirk­lich rele­vant für den Job ist.

      Auch ein wich­ti­ger Punkt! Vie­len Dank für dei­ne Ein­ga­ben! Ich wer­de sie in mein bald (= nach Anse­hen der wei­te­ren Staf­feln eini­ger Seri­en) erschei­nen­des Gesamt­werk „Home Office – Segen oder Fluch“ ein­flie­ßen lassen.

  3. End­lich mal ein objek­ti­ver Vergleich.

    Hier und da bin jedoch ein wenig ande­rer Meinung.

    Zum Bei­spiel: Kaf­fee. In ’nem Büro bekommst Du Kei­nen über­re­det fair gehan­del­ten Bio­kaf­fee für 8 Euro das Pfund zu kau­fen. Da geht der Punkt bei mir auch ans Home Office.

    Und Paket­zu­stel­lun­gen: Hast Du dum­mer­wei­se aus Unwis­sen­heit am Wochen­en­de oder in der Weih­nachts­zeit was bei Ama­zon bestellt, kannst Du davon aus­ge­hen, das Her­mes das Zeug nicht zu Dir bringt, son­dern in den nächs­ten Paket­shop ablief­tert. Haus­num­mer suchen und vier Eta­gen mit Fahr­stuhl fah­ren, dau­ert viel zu lang für den Euro Stundenlohn.
    Eine Lie­fe­rung ins Büro dage­gen klappt meist immer, egal mit wel­chen Paketdienst.

    Der größ­te Plus­punkt, ist wie Du schon rich­tig erkannt hast der Haustier-Effekt.
    Am aller­al­ler­al­ler­al­ler­meis­ten freut sich das Haus­tier, wenn es den gan­zen Tag - nur durch Kaffeenachfüll- und Toi­let­ten­gän­ge unter­bro­chen - auf einem Rum­lüm­meln kann.

    • fair gehan­del­ten Bio­kaf­fee für 8 Euro das Pfund

      Mit der­ar­ti­gen sozia­len Stö­run­gen bist du auch kaum in nor­ma­len Büros durch­setz­bar. (SCNR)

      das Her­mes das Zeug nicht zu Dir bringt, son­dern in den nächs­ten Paket­shop ablieftert

      Des­halb bestel­le ich schon lan­ge nichts mehr, was via Her­mes (oder GLS, die sind ja noch schlim­mer) gelie­fert wird. Aber das wäre schon wie­der Mate­ri­al für einen wei­te­ren Blogeintrag.

      Eine Lie­fe­rung ins Büro dage­gen klappt meist immer, egal mit wel­chen Paketdienst.

      Ja, aber da hast du ande­re Her­aus­for­de­run­gen. Das Paket muss dich a) auch dann trotz­dem noch errei­chen und nicht im Sekre­ta­ri­at bzw. am Emp­fang ver­gam­meln und b) weiß dann das Emp­fangs­per­so­nal wie­der genau, dass du dir neue Potenz­pil­len im Online­shop bestellst hast, was zu unschö­nen Nach­fra­gen führt.

  4. Schön auf­ge­drö­selt :)
    Wenn auch die Punk­te­ver­ga­be offen­sicht­lich sehr indi­vi­du­ell aus­fällt. Dei­nem Fazit stim­me ich unbe­dingt zu. Home­of­fice ist spit­ze wenn man ab und an außer­häu­sig arbeitet.

    • ab und an außerhäusig

      Aller­dings ist die Ein­stel­lung im Nor­mal­job ja immer noch, dass das Home Office die Aus­nah­me dar­stellt, nicht das außer­häu­si­ge Arbei­ten. Aber wer weiß, was sich da noch so tun wird.

  5. Ich ergän­ze mal doe Pro-Homeoffice-Argumente:

    1. Jog­ging­bu­xe
    2. Man kann in der Mit­tags­pau­se mal eben jog­gen gehen. Oder alternativ:
    3. Mittagsschlaf
    4. Man kann zwi­schen­durch mal eben Shop­ping Queen gucken.
    5. Viel lecke­re­res Essen.
    6. Arbei­ten im Garten/auf Balkon
    7. Hin­ter­grund­mu­sik stört keinen

    Nach­teil - 98 Pro­zent der Mensch­heit denkt: Home Office = Freizeit.

    • Sehr rich­ti­ge Ergän­zun­gen! Und damit

      98 Pro­zent der Mensch­heit denkt: Home Office = Freizeit.

      hast du natür­lich auch recht, wobei dann Punk­te wie „Mit­tags­schlaf“ und „Shop­ping Queen gucken“ eher dis­kus­si­ons­hin­der­lich wir­ken könnten. ;)

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