Da capo. Der Ausflug in die Bundesliga war kurz. Nach nur einem Jahr beendete der Club die Saison mit der schlechtesten Leistung in dieser Liga aller Zeiten. Die zweifelhafte Ehre des Titels „Rekordabsteiger“ haben wir seitdem alleine inne, sonst bleibt nicht viel Nennenswertes von der letzten Spielzeit.
Positiv ist, dass alle – auch und vor allem die Fans! – von Anfang an wussten, dass der Aufstieg eigentlich zu früh kam, dass das Team nicht erstligareif ist. Die Zeit, sich mit dem Abstieg anzufreunden, war erfreulich lange, eigentlich stand es spätestens mit dem 0:7 in Dortmund fest, wohin die Reise gehen wird. Entsprechend sanft war der Aufschlag, entsprechend gutmütig die Fans, entsprechend schnell der Blick wieder nach vorne gerichtet.
Und das tue ich jetzt auch. In Nürnberg wurde viel umgekrempelt, hauptsächlich auf der Managementebene. Der neue Sportvorstand Palikuca verfolgt ein anderes Modell als seine Vorgänger, er lässt sich fachlich unterstützen und bindet Altstars in die Vereinsarbeit mit ein. Er schafft damit eine Aufbruchstimmung, die nicht einmal von schmerzhaften Abgängen und zweispältigen Testspielen getrübt wird.
Apropos. Wie üblich werfe ich mal einen Blick auf die, die weg sind und die, die neu dabei sind. Es darf aber der Hinweis nicht fehlen, dass das Transferfenster noch über einen Monat lang offen steht. Bis Anfang September kann noch viel passieren.
Abgänge
- Dass Eduard Löwen nicht mit in die zweite Liga gehen wird, war eigentlich klar. Hertha BSC bekam letztlich den Zuschlag und zahlt dafür vermutlich sieben Millionen Euro – für den Club eine wahnsinnige Summe.
- Ewertons Abschied kam dagegen überraschender. Der Innenverteidiger war Sicherheitsanker in der Aufstiegssaison und hielt auch gegen Ende der letzten Saison oftmals die Defensive stabil. Konkurrent HSV sicherte sich die Dienste des Brasilianers. Es ist ein Verlust, der mit zwei Millionen Euro ein wenig versüßt wird. Und ob der mittlerweile 30-Jährige noch viele gute Saisons hat, wird sich auch noch zeigen müssen.
- Trotz aller Loyalitätsversprechen ging auch Tim Leibold – ebenfalls zum HSV, die sich den Vorwurf gefallen lassen müssen, die Liga kaputtzukaufen, damit es kommende Spielzeit doch mal mit dem Aufstieg klappt. „Leibe“ macht die Hamburger angeblich um 1,8 Millionen Euro ärmer.
- Nachdem Torwart Christian Mathenia einen Fünfjahresvertrag unterschrieben hatte, war für Fabian Bredlow klar, dass seine Chancen, Stammtorhüter zu werden, kaum noch vorhanden sind. Der 24-Jährige hat noch was vor in seiner Karriere, also musste er wechseln. Mitabsteiger Stuttgart gibt Aysl und zahlt sogar noch 300.000 Euro dafür. Bredlow wird sich aber auch in Schwaben erst einmal auf die Ersatzbank setzen müssen.
- Edgar Sallis Vertrag wurde nicht verlängert. Er wurde in den letzten Jahren oft für seine Entscheidungen auf dem Rasen kritisiert, dem gemeinen Fan war nie so richtig klar, warum er immer und immer wieder aufgestellt wurde. Schommers war das Ende letzter Saison auch nicht mehr klar. Salli hat noch keinen neuen Verein.
- Der viel kritisierte einzige Winterzugang Ivo Illisevic wurde in der Rückrunde drei Mal eingewechselt, hat insgesamt 36 Minuten gespielt und muss sich jetzt schon wieder einen neuen Arbeitgeber suchen. Transfertechnisch ein absoluter Fehlschlag.
- Yuya Kubo wurde einst mit viel Vorschusslorbeeren geholt. Manchmal zeigte er auch, wozu er in der Lage wäre, wenn ihm das restliche Team dabei hilft. Meistens mussten seine Einsätze jedoch unter „stets bemüht“ verbucht werden – das hat er mit dem kompletten Team gemein. Kubos Leihe endete vertragsgemäß, der Club machte kein Kaufangebot.
- Auch die Leihe von Robert Bauer ist beendet, er kehrt zu Werder Bremen zurück (die ihn wohl auch nicht wirklich wollen).
- Timothy Tillmann kam zu Ausbildungszwecken von den Bayern nach Nürnberg, hat einige Spiele in der zweiten Mannschaft bestritten und auch ein paar Startelf-Einsätze in der ersten (allerdings nie über die volle Spielzeit). Auch seine Leihe wurde plangemäß beendet.
- Ausgeliehen von Sporting Lissabon war auch Matheus Pereira, definitiv einer der besten im letztjährigen Team. Der Club war durchaus an einer Übernahme interessiert, es fehlte allerdings das nötige Kleingeld in der Kasse.
- Extern ausgebildet (lies: an andere Vereine ausgeliehen) werden Jakov Medic und Dominik Steczyk.
Insgesamt hat der Club über elf Millionen Euro an Transfererlösen generiert. Kaufmännisch war das also ein Erfolg. Dass dahinter aber auch schmerzhafte Abgänge stehen, sollte das nicht kaschieren. Richtig gute Spieler wollen halt nicht zweite Liga spielen und manche folgen einfach nur der Verlockung des Geldes – selbst, wenn es in die gleiche Liga führt.
Neuzugänge
- Der teuerste Neueinkauf (kolportierte 2,5 Millionen Euro) ist Nicola Dovedan, der von Heidenheim kommt. Er machte schon in den Testspielen einen guten Eindruck als Offensivkraft. Hoffen wir mal, dass er das Geld wert ist.
- Mit gut 2 Millionen Euro ebenso nicht im Sonderangebot war Iuri Medeiros, der wie Pereira von Sporting Lissabon kommt, im Gegensatz zum Rückkehrer aber mit einem festen Arbeitsvertrag. Pereira habe nur Gutes über den Club erzählt, sagte er zum Einstand. Er wird ebenfalls die Offensive verstärken.
- Als Ewerton-Ersatz ist Asger Sörensen für eine halbe Million aus Salzburg in die Noris gezogen. Der 23-Jährige machte in den Testspielen schon gehörig auf sich aufmerksam.
- Robin Hack kommt aus Hoffenheim, angeblich auch für eine halbe Million Euro. Die Offensivkraft ist für mich noch ein Fragezeichen.
- Für 450.000 Euro haben wir den Mittelstürmer Fabian Schleusener bei Freiburg eingekauft. Ich habe sonst noch nichts von ihm mitbekommen. Laut Transfermarkt besteht bei ihm noch ein Trainingsrückstand.
- Tim Handwerker hat nicht nur einen bodenständigen Namen. Der für 300.000 Euro von Erstligaaufsteiger Köln kommende 21-Jährige verstärkt die Defensive.
- Oliver Sorg kommt von Mitabsteiger Hannover 96, sogar ablösefrei. Er dürfte interessierten Fußballfans bekannt sein. Dem Vernehmen nach ein schmerzhafter Abgang für Hannover, ein erfreulicher also für uns.
- Felix Lohkemper kommt vom Magdeburg und hat sich dort einen Namen gemacht. Die Offensivkraft hat viel für Magdeburg geleistet, konnte aber auch nicht deren Abstieg verhindern. Bisher wurde er seinen Vorschusslorbeeren gerecht.
- Andreas Lukse ist Torwart und wird sich vermutlich mit Patric Klandt um die Nummer 2 hinter Mathenia streiten. Da Klandt schon vorher Nummer 3 war und Lukse Trainer Canadi schon aus Altach kennt, ist das Ergebnis vermutlich erstmal klar.
- Fabian Nürnberger hat natürlich den besten Namen aller Club-Spieler. Der 19-Jährige wurde aus der U21 befördert. Es kann gut sein, dass er eine Stammkraft in der ersten Mannschaft wird.
Rund sechs Millionen für Neuzugänge bei rund elf Millionen an Transfereinnahmen – der Club hat zumindest wieder das Ziel erreicht, einen ordentlichen Transferüberschuss zu erzielen. Deshalb gilt aber auch wie so oft die bange Frage: Sind die Neuen eine echte Verstärkung? Können sie die Abgänge ausgleichen, am besten noch übertreffen? Sind die Lücken gefüllt, die im Kader herrschen?
So oder so, es wird ziemlich sicher noch weitere Neuzugänge geben, das hat der Club bereits angekündigt.
Der aktuelle Kader

Der Kader (Stand: 23.07.2019) setzt sich also wie folgt zusammen:
- Tor: 26 Mathenia, 1 Klandt, 30 Lukse
- Abwehr: 2 Goden, 4 Sörensen, 22 Valentini, 28 Mühl, 33 Margreitter, 15 Nürnberger, 25 Sorg, 6 Handwerker
- Mittelfeld: 8 Dovedan, 10 Kerk, 18 Behrens, 31 Petrak, 20 Jäger, 21 Palacios, 29 Erras, 35 Fuchs (Mittelfußbruch), 38 Rhein, 17 Hack, 40 Medeiros
- Angriff: 7 Lohkemper, 9 Ishak, 11 Zrelak, 19 Knöll, 23 Schleusener, 24 Misidjan (Kreuzbrandriss)
Saisonausblick
Der Club will „in den nächsten zwei Jahren“ aufsteigen. Dass da direkt ein Backup installiert wurde, mag vor allem daran liegen, dass die kommende Zweitligasaison mit drei Bundesligaabsteigern nicht einfach wird. Auch Stuttgart und Hannover wollen sofort wieder rauf, der HSV ist auch noch am Start (und kauft gerade die Liga kaputt), an weiteren ambitionierten Vereinen mangelt es dem Unterhaus auch nicht. Ob der Club in dieser Gemengelage tatsächlich einen der ersten drei Plätze ergattert, ist deshalb fraglich.
Fraglos will der Club oben mitspielen. Wenn sich das Team gefunden hat, traue ich ihm das obere Drittel zu, also irgendwas zwischen Platz 1 und 6. Aber ehrlich gesagt glaube ich auch daran, dass es ein Jahr später, wenn die großen Fische weg sind, realistischer wird.
Wie immer jedoch lasse ich mich gerne positiv überraschen.