Das war schon einigermaßen eigenartig, nach drei Jahren wieder nach Berlin zu fahren. Zusammen mit drei Kolleginnen fielen wir in der neuen Hauptstadt ein und bewunderten als erstes das Spreeufer. Schräg gegenüber von der neuen Location (Arena Berlin und Festsaal Kreuzberg) hatten wir unser teures und pinkes Hotel. Ein bisschen ärgerlich war schon, dass ich nach acht Jahren, nachdem ich endlich das perfekte Republica-Hotel für die Station Berlin gefunden hatte, nun wieder von vorne anfangen musste. Aber das nur nebenbei.
Der neue Ort hatte ansonsten einige Vorteile. Zum einen ist er in einer viel belebteren Umgebung, sodass man gar nicht auf die sehr teuren Fressbuden auf dem Gelände angewiesen war. Zum anderen war es dort enger, ich bin also vielen Menschen begegnet. Außerdem gab es einen Sandkasten.

Weniger ist mehr
Deutlich spürbar war, dass die Republica geschrumpft ist im Vergleich zu 2019. Mag auch daran liegen, dass die Media Convention nicht mehr in dieser Form parallel durchgeführt wurde. Es waren auf jeden Fall weniger Medienstars vor Ort. Vor allem aber waren viele Menschen aus meiner peer group nicht da. Ich bin sicher, dass die meisten davon entweder terminliche Gründe hatten oder sich einfach noch nicht trauten. Ein paar sind aber eventuell auch über die Pandemie verloren gegangen.
Apropos Pandemie. Corona ist noch nicht vorbei. Man könnte zu einem anderen Schluss kommen, wenn man gesehen hat, wie wenige in den Innenräumen Maske trugen. Ich selbst habe mich sehr schnell dafür entschieden, auch wenn das in der stickigen und heißen Arena manchmal scharf am Sauerstoffmangel vorbeischrammte. Das war wohl im Nachhinein eine gute Entscheidung. Nicht nur, dass ich für jeden einzelnen Republica-Tag eine Meldung in der Corona-Warn-App bekam, ich wurde auch persönlich von direkten Kontaktpersonen über ihre Infektion informiert. Stand heute bin ich glücklicherweise ohne Folgen davongekommen.
Immer mehr gesellschaftliche Inhalte
Weggekommen ist auch die Konferenz vom inhaltlichen Fokus ihrer Anfangstage. Es gab mal Zeiten, da bin ich nach Berlin für die Inhalte der Vorträge gefahren, denn es ging um die Digitalisierung, um Social Media und andere Medien und um das, was das alles mit uns als Gesellschaft macht. 2022 ging es nun hauptsächlich nur noch um Letzteres. Das finde ich privat durchaus interessant und es waren einige hochkarätige Vorträge dabei. Beruflich habe ich jedoch eine größere Menge an Social-Media- und Digitalisierungsinhalten vermisst. Da fragte ich mich schon, wofür zwei Drittel des Unternehmens für praktisch eine Woche außer Gefecht sein sollen.
Falls es doch mal interessante Sessions gab, die nicht auf Bühne 1 stattfanden, kam man oft nicht mehr rein, wenn man nicht schon einen Vortrag vorher Platz genommen hatte. Das, die verwinkelt liegen Stages und die unzähligen Taschenkontrollen machten manchmal schlechte Laune. Aber dann traf ich alte und neue Bekannte und dann war der Plan, eine Ersatzsession zu suchen, meistens auch wieder dahin. Und am Ende war ich ja vor allem dafür da: Leute treffen, die ich immer nur in Berlin persönlich sehe. Das gilt sogar für manche Menschen aus Bonn.
2023 bin ich sicher wieder da
Die Republica 2022 war aus einigen Gründen für mich trotzdem nicht so, wie ich das erwartet hatte. Ich musste an jedem einzelnen Tag vormittags arbeiten, das war sehr nervig. Dafür kann niemand was, außer mir selbst, aber es war nunmal so. Ich hatte mir auch das Frühstück im Hotel gespart, konnte es aber nicht so bald verlassen, sodass ich meistens erst mittags zum ersten Mal was aß. Die Kolleginnen waren – soweit sie nicht selbst arbeiten mussten – immer woanders auf dem Gelände unterwegs, ich sah sie die drei Tage fast gar nicht. Und dann war ich von allem – den vielen Menschen, der Lautstärke, Berlin, der Arbeit, meiner generellen Müdigkeit – so K.o., dass ich am dritten Tag nach der Arbeitssession gar nicht mehr aufs Gelände ging, sondern gleich nach Hause fuhr.
Voll schade fand ich in dem Zusammenhang, dass die .txt-Konferenz, die am Samstag stattfand, so kurzfristig anberaumt wurde, dass sie nicht mehr in meinen Reiseplan gepasst hat. Das wäre von der Größe und dem Inhalt eigentlich genau das gewesen, was ich die Tage davor vermisst hatte. Gerne nächstes Jahr dann, dafür komme ich vielleicht zur Republica erst einen Tag später.


Am meisten vermisst habe ich übrigens meine Tochter. Jedes der überraschend zahlreich anwesenden Kinder auf dem Gelände erinnerte mich daran, dass ich sie insgesamt vier Tage lang nicht sehen konnte. Vielleicht auch ein Grund, warum ich so schnell wieder nach Hause wollte.
Lieber Johannes,
das hast du sehr schön geschrieben. Ich war noch nie (shame) auf der re:publica, aber vielleicht wird das ja im kommenden Jahr mal etwas. Interessant an Deinem Artikel finde ich die Differenzierung zwischen „Arbeit“ und „Besuch der re:publica“. Ich dachte immer, dass es zur Arbeit gehört, wenn man Fahcevents besucht, auch wenn die manchmal die fachlichen Erwartungen nicht erfüllen.
Liebe Grüße aus dem Gartenbüro
Thomas
Danke für das Feedback und Lob. 🙂 Da sich bei mir Privates und Berufliches ständig vermischen, fällt mir das schon gar nicht mehr so auf. Aber du hast schon recht, der Hauptgrund ist berufliche Fortbildung.
Ich bin durch die Gegend gejoggt, schöne Zeiten
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