Manch­mal möch­te ich eine Run­de kot­zen. So rich­tig fies, mit Gal­le und allem. Ihr wisst, ich bin gro­ßer Anhän­ger des mit Abstand belieb­tes­ten Ball­sports, ich fie­be­re mit mei­nem Herz­ver­ein und ger­ne auch mal mit der deut­schen Natio­nal­mann­schaft mit.

Abgrund­tief schä­me ich mich aber für das, was sich da ges­tern teil­wei­se Bann gebro­chen hat. Ich höre von Ran­da­len und Schlä­ge­rei­en in Wup­per­tal, ich lese von natio­na­lis­ti­schen Beschimp­fun­gen gegen Ingo Zam­pe­ro­ni, der es wag­te, bei­den Mann­schaf­ten viel Erfolg zu wün­schen, ich hör­te ges­tern von Mit­gu­ckern Kom­men­ta­re, die mich in mei­ner Staats­bür­ger­lich­keit erschüt­tern ließen.

Leu­te, es ist doch nur Fuß­ball! Es ist ein Spiel. Wo es Gewin­ner gibt, muss es auch Ver­lie­rer geben. Kei­ne Nati­on ist bes­ser, bloß weil elf Per­so­nen, die sie ver­tre­ten, in einem ein­ein­halb­stün­di­gen Spiel ein Tor mehr geschos­sen hat. Kei­ne ein­zi­ge ras­sis­ti­sche Äuße­rung wird durch so etwas gerecht­fer­tigt. Kei­ne einzige.

Stellt euch ein­fach mal – nur für eine Sekun­de – vor, ihr wärt in Luxem­burg gebo­ren. Ein Land, das direkt an Deutsch­land grenzt. Es ist aber ver­dammt klein, hat ver­gleichs­wei­se sehr weni­ge Ein­woh­ner und des­halb ein­fach gar nicht die Aus­wahl­grund­la­ge, um regel­mä­ßig (oder über­haupt ein­mal) in die End­run­de einer Europa- oder Welt­meis­ter­schaft zu gelan­gen. Und trotz­dem gibt es dort Fuß­ball­fans, die Europa- und Welt­meis­ter­schaf­ten mit Begeis­te­rung verfolgen.

Wie­so? Weil es nur ein Spiel ist, ver­dammt noch­mal. Es soll Spaß machen, man soll sich am Fuß­ball ergöt­zen, an schö­nen Flan­ken, prä­zi­sen Päs­sen. Man soll sich sicher­lich auch mal ärgern, weil die prä­fe­rier­te Mann­schaft mal ver­liert. Aber bit­te, das ist kein Welt­un­ter­gang, son­dern völ­lig nor­mal. Es ist doch nur Fuß­ball! Man muss des­we­gen weder in wüs­ten Beschimp­fun­gen aus­bre­chen, noch sei­nen Aggres­sio­nen in irgend­ei­ner ande­ren Form Aus­druck ver­lei­hen. Das ist abso­lut inakzeptabel.

Ich schla­ge allen vor, die an der gest­ri­gen Nie­der­la­ge Deutsch­lands zu knab­bern haben, mal für län­ge­re Zeit Fan eines mittel- oder unter­klas­si­gen Fuß­ball­ver­eins zu sein; zum Bei­spiel vom 1. FC Nürn­berg oder vom FC Bay­ern Mün­chen. Da lernt man gut und schnell, mit Nie­der­la­gen umzugehen.

tl;dr: An Tagen wie die­sen wünscht man sich End­lich­keit. Nazis raus.

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2 Kommentare

  1. Kann dir nur zustim­men und ich fin­de dei­nen text echt pas­send und gut. Als Ita­lie­ner selbst ging es teil­wei­se schon vor dem Spiel los.
    Danach wur­de ich auf den Stra­ßen wüst beschimpf mit häss­li­chen Ges­ten geschmückt. Da wird einem schon Angst, wenn man allei­ne unter­wegs ist und man trifft auf Grüpp­chen von 5-6 Betrunkene.
    Auf dem Mas­sen­me­di­um Face­book wur­den teil­wei­se sehr ras­sis­ti­sche Kom­men­ta­re geschrie­ben, dass wir doch wie­der zurück in unser Land sollen.
    Es ist doch nur ein Spiel, es muss immer einen Ver­lie­rer und Sie­ger geben.

  2. Mal abge­se­hen davon, dass ich es gewagt fin­de, die zwei­te­bes­te Ver­eins­mann­schaft Euro­pas (die mit den meis­ten Spie­lern bei der EM) als mittel- oder gar unter­klas­sig zu bezeich­nen, oder sogar auf eine Stu­fe mit dem 1. FC Nürn­berg zu stel­len, gebe ich dir voll­kom­men recht. :-)
    Schlimm fin­de ich aber auch die­se Selbst­geis­se­lung, die jetzt wie­der los­geht. Jetzt sind „wir“ „nur“ unter den bes­ten vier Teams. Was für eine Schan­de. Ein Schul­di­ger muß her. Da heißt es die gan­ze Zeit, was der Jogi doch für ein glück­li­ches Händ­chen bei der Aus­wahl sei­ner Spie­ler hat, jetzt ver­liert unser Team nach 15 Sie­gen in Fol­ge, nach einer super Qua­li und Vor­run­de, ein Pflich­spiel gegen so einen „unter­klas­si­gen“ Geg­ner wie den zig­fa­chen Welt­meis­ter Ita­li­en, und schon wird alles wie­der in Fra­ge gestellt. Deutsch­land war in den letz­ten Jah­ren immer unter den bes­ten vier, und irgend­wann kommt viel­leicht auch das feh­len­de biss­chen Glück hin­zu, und es geht dann mal wie­der ein Titel nach Deutsch­land. Aber wegen einer Nie­der­la­ge im Halb­fi­na­le (!) geht doch die Welt nicht unter und ist nicht alles auf ein­mal schlecht. Ich fin­de, die Mann­schaft hat eine sehr gute EM gespielt und soll­te wei­ter den Rück­halt haben wie bis­her, genau­so wie man Ita­li­en als Sie­ger respek­tie­ren soll­te. Ande­re Mann­schaft (wer war das noch gleich?) sind schon in der Vor­run­de mit 0 Punk­ten aus­ge­schie­den. :-D

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